Urs Tillmanns, 9. Mai 2021, 10:00 Uhr

Der Wärme nach: Im Winter Baja und im Sommer Oregon

Den meisten Leserinnen und Leser werden Christian und Regula Heeb bekannt sein – wir haben schon mehrfach über die beiden Auswanderer berichtet, die heute im nordwestlichen Bundesstaat Oregon leben und dort das Ausbildungszentrum «Cascade Center of Photography» betreiben. Sie sind Reisefotografen und Autoren unzähliger Bildbände und bieten regelmässig spannende Reisen und Workshops an. Dabei zieht es sie immer wieder an Orte, die abseits des Touristenstroms liegen und fotografisch Besonderes bieten. Diesmal erzählen uns die beiden, welche Motive man auf der mexikanischen Halbinsel Baja findet, welche ihr Winterquartier ist.

Als vor rund drei Jahrzehnten ausgewanderte Schweizer lebt ihr im amerikanischen Nordweststaat Oregon. Den Winter verbringt Ihr auf der etwa 100 Kilometer südlich gelegen mexikanischen Halbinsel Baja, von wo Ihr jetzt gerade zurückgekommen seid. Wie unterscheiden sich Euere beiden Wohnorte klimatisch?

Von unserem Haus in Oregon bis zu unserem Haus in Mexiko sind es rund 3000 Kilometer. Die Baja Halbinsel ist etwa 1600 Kilometer lang. Der grosse Unterschied ist, dass es in El Sargento, wo wir im Winter wohnen, dann angenehm warm und sonnig ist, so dass wir im Meer baden können. In Oregon ist es im Winter kalt wie in der Schweiz. Unser Haus in Oregon liegt in einer Hochwüste auf 1200 Meter am Rande der Kaskaden Vulkane. Das Land ist leicht bewaldet mit Fichten und Wachholderbäumen. Sommer und Hebst sind trocken, sonnig und warm. In Mexiko am Golf von Kalifornien stehen grosse Kakteen und es ist trockene Wüste. Man kann dort das ganze Jahr gut leben aber die drei Monate im Spätsommer und Herbst sind fast unerträglich heiss.

 

Mit dem Norden Mexikos verbinden wir auf Grund der häufigen Nachrichten über den Flüchtlingsstau Meldungen über unmenschliche Unterkünfte und eine hohe Kriminalität. Merkt man davon etwas, und gibt es Probleme, um über die amerikanisch-mexikanische Grenze zu kommen?

Die Grenze ist weit weg von uns. Wir überqueren die natürlich, wenn wir mit unserem Camper durchfahren aber das geht problemlos. In der Tat ist der Drogenkrieg und die Flüchtlingskrise ein riesiges Problem. Wir haben die US-Staatsbürgerschaft und eine mexikanische Niederlassung und kommen daher schnell durch. Riesige Teile der Halbinsel sind spärlich oder gar nicht besiedelt und entsprechend sicher und wunderschön. Wir kennen Mexiko seit vielen Jahren und haben gute lokale Kontakte, so dass wie uns sicher fühlen und wissen wo man aufpassen muss.

 

Die Halbinsel Baja ist ja durch den Golf von Kalifornien vom mexikanischen Festland getrennt. Wie unterscheidet sich die Halbinsel vom mexikanischen Festland?

Die Baja hat zum Teil dieselben Pflanzen und Landschaften wie die gegenüberliegende Seite auf dem Festland. Es gibt aber auch viele endemische Pflanzen die es auf dem Festland nicht gibt. Die Natürlichkeit der Landschaften auf der Baja sind fantastisch und einfacher zu bereisen.

 

Die Halbinsel ist ja etwa dreieinhalb Mal so gross wie die Schweiz und hat eine Nord-Süd-Ausdehnung von rund 1200 Kilometern. Wie unterscheiden sich der Norden und der Süden der Halbinsel?

Der Norden sieht aus wie die Landschaften um San Diego. Die Mitte ist dann bereits von Kakteen durchsetzt, hat schroffe Wüstenberge, Canyons und einsame Strände wie der Süden. Bei Catavina liegen gigantische Felsen und bizarre Kakteengärten.

 

Was ist typisch für das Leben und die Kultur auf der Halbinsel? Ist die Bevölkerung gegenüber Touristen zugänglich oder eher abweisend?

Kulturell ist die Baja Halbinsel eine Wüste. Dies war seit langer Zeit ein verarmtes Hinterland von Mexiko. Alle Hochkulturen in Mexiko entstanden im Herzen des Festlandes wo es mehr Niederschlag gibt und sich grosse, auf Agrarwirtschaft berufende Kulturen entwickelten. Die Unterwerfung der indigenen Menschen durch die Spanier fand zuerst dort statt. Auf der Baja gründeten schon die spanischen Missionare erste Missionen und verübten ihre üblichen Greueltaten. Die Menschen dort waren vorwiegend Gruppen von einfachen Jäger- und Sammlerkulturen. Lange Jahre gab es hier nur einfache kleine, sogenannte Ranchos, wo mexikanische Familien von Viehwirtschaft lebten und die Fischerorte entlang der Strände. Heute gibt es vermehr bewässerten Gemüseanbau und den Tourismus, welcher massiv vom Staat gefördert wird. Zudem haben immer mehr amerikanische Pensionäre hier ihr permanentes Domizil. Die Leute sind sehr umgänglich und hilfsbereit. In den ländlichen Gebieten sind sie scheu und es wird nur Spanisch gesprochen. Es gibt jedoch eine gute Infrastruktur mit guten Hotels und Restaurants.

 

Die grosse Nord-/Süd-Ausdehnung der Halbinsel bietet sicher auch eine reiche und unterschiedliche Motivvielfalt. Wo ist es am lohnendesten für Fotografen?

Motive gibt es überall. Für mich liegen die schönsten Orte beim erwähnten Catvina, bei uns in El Sargento, rund um La Paz und bei Loreto. Die Landschaften entlang des Golfes sind attraktiver für Fotografen als die Pazifikküste. Dort gibt es jedoch mehrere Lagunen, wo die Buckewale ihre Jungen gebären. Man kann sie nicht nur beobachten, sondern sogar streicheln. Dort ist der beste Platz der Erde, um Wale nah zu sehen.

 

Welche Arten von Motiven dominieren die Region?

Kakteenlandschaften, schroffe Wüstenberge, stille Buchten mit türkisfarbenem Wasser, Menschenleere Strände und klapprige, alte Kleinlastwagen mit mexikanischen Männern mit zerfurchten Gesichtern und nicht zu vergessen eine fantastische Vogelwelt mit Kolibris.

 

Welche Tiere trifft man auf Baja, und wie fotografiert man diese man besten?

Die Vögel, mitunter der Roadrunner, sind für mich am schönsten – und natürlich die Wale. Es gibt bei mir auf dem Land grosse Wüstenhasen mit riesigen Ohren, Füchse und ab und zu sogar einen Luchs. Und es gibt Kojoten und Pumas, die man jedoch selten sieht.

 

Ein grosser Teil von Baja ist ja durch die Sonora-Wüste bedeckt. Wie muss man sich diese vorstellen? Ist sie verkehrsmässig erschlossen und interessant für Fotografen?

Die Wüste Baja California ist Teil der Wüste Sonora. Die Hauptstrasse von San Diego bis ganz unten nach Cabo San Lucas ist mittlerweile gut ausgebaut, was früher nicht der Fall war. Mehrere Strassen führen von der Mitte an verschiedene Strandabschnitte. Es gibt noch viele staubige Schotterpisten, welche man nur mit einem Allrad Fahrzeug befahren kann. Wir haben dazu einen grossen Chevy Suburban.

 

Da Ihr im Winterhalbjahr auf Baja lebt, kennt Ihr diese Region besonders gut und plant eine Fotoreise dorthin. Was könnt Ihr den Teilnehmenden als besondere Attraktionen bieten?

All die oben erwähnten. Wale ganz nah, Landschaften voller Kakteen, Felsmalereien, Einheimische und Palmenoasen in der Wüste. Zudem fahren wir mit Booten auf eine unberührte Insel voller Muschel-übersähter Strände und sind wie gewohnt beim besten Licht am schönsten Ort.

 

Wisst Ihr schon wann diese Fotoreise stattfinden wird?

Geplant ist sie auf Februar 2024 oder vielleicht bereits früher, falls sich einige Leute melden. Wir wollen das nur mit einer ganz kleinen Gruppe machen, mit vier bis maximal sechs Personen. Da wir im Winter ohnehin dort wohnen, können auch sehr flexibel planen.

Sämtliche Bilder: Christian und Regula Heeb
Das Interview führte Urs Tillmanns

Weitere Informationen über Christian und Regula Heeb finden Sie auf heebphoto.com und auf www.ccophoto.com (Cascade Center of Photography)

 

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