Uncle Sam ist die bekannteste Allegoriefigur der Vereinigten Staaten, die sogar 1961 durch Senatsbeschluss offiziell anerkannt wurde. Uncle Sam tritt oft als Werbefigur auf und wird überall akzeptiert und verstanden. Als hagerer, älterer Mann mit weissen Haaren und Ziegenbart fällt er auch deshalb besonders auf, weil er die Nationalfarben der USA am Körper trägt: Weisses Jackett, dunkelblaues Hemd, rot-weiss gestreifte Hose und einen Zylinder, der mit Sternen verziert ist. In der jüngsten Fotoserie spielt Christian Heeb Uncle Sam, während ihn seine Frau Regula in originellen und allegorischen Situationen fotografiert. Fotointern hat Christian Heeb zu seinem jüngsten Projekt interviewt.
Was hat Dich bewogen diese Serie zu realisieren und selbst vor die Kamera zu stehen?
Uncle Sam ist eine Weiterentwicklung meiner American Dreamscapes, in denen ich meine Einstellung zu Amerika verarbeite. Uncle Sam hier ist wie Old Man Coyote oder der Trickster, den viele Indianerstämme in ihrer Mythologie haben. Der Trickster ist ein gutes Wesen, welches aber gerne die Leute in die Irre führt und verrückte Dinge tut. Mein Uncle Sam ist ein Spiegelbild des verrückten Amerika. Ich lebe nun schon seit 24 Jahren in Oregon und bin Doppelbürger. Aber ich verstehe die Amis eigentlich immer noch nicht. Wie sagte doch schon Asterix: «Die spinnen die Amerikaner».
Das Kostüm gibt es ja kaum «von der Stange» zu kaufen. Hast Du das extra anfertigen lassen?
Ja. Ich bat die Schneiderin Allison Murphy hier in Bend, aufgrund historischer Bilder das Kostüm zu schneidern. Der Hut kam selbstverständlich aus China und wurde von ihr stilgerecht verziert. Wir wollten das historisch möglichst genau haben. Es gibt Kostüme von der Stange, welche alle gleich und billig aussehen. Es war mir wichtig dass das Kostüm echt aussieht.
Ich sehe in Dir die Figur von Abraham Lincoln – Du gleichst ihm auch ein bisschen. Ist das der Hintergrund der Story, eines Abraham Lincoln, der sich im heutigen Amerika kaum mehr zurechtfindet?
Uncle Sam ist die Personifikation der US Regierung. Der Begriff entstand erstmal im Krieg von 1812 und wurde auch im ersten Weltkrieg zur Propaganda eingesetzt. Wie alles in Amerika wird er oft für Werbung eingesetzt. Uncle Sam marschiert gerne bei Strassenparaden mit und wird oft in politischen Cartoons benutzt. Dass er Abraham Lincoln gleicht ist eher Zufall. Heute müsste er eigentlich eher ein pummeliger Typ sein, um den Amerikanern gerecht zu werden.
Wie haben die Leute reagiert als sie Dich in diesem Anzug sahen?
Ich bin im Anzug quer durch Memphis gelaufen und erntete kaum Aufmerksamkeit. Die meisten Leute denken ich bin ein Street Performer oder ich bin auf dem Weg zu einer Veranstaltung. Ein Bettler wollte Geld von mir, da fragte ich, ob er jemals Geld von Uncle Sam erhalten habe. Er sagte «nein sicher nicht». Da antwortete ich ihm «genau, denn Uncle Sam will Geld von Dir!». Daraufhin ist er abgehauen …
Bei einigen Szenen warst Du ja auf fremde Hilfe angewiesen. Waren die Leute hilfsbereit und bereitwillig, selbst mit aufs Foto zu kommen?
Regula hat viele der Bilder gemacht. Wir haben alles in Szene gesetzt und Regula hat dann fotografiert. Die Barszenen habe ich mit Freunden inszeniert. Rick und Lindsay haben schon für meine American Dreamscapes posiert. In der Regel sind die Leute immer für ein Bild zu haben. Der Rest ist alles Photoshop. Ich setze mich zum Teil mit Photoshop in Szenen rein. Die Stripperin hatte ich in Portland für meine American Dreamscapes fotografiert und einige der damaligen Bilder benutzt und mich mit ihr neu inszeniert. Einige Bilder, etwa das Bild im Supermarkt, hat Regula unauffällig mit dem Smartphone fotografiert.
Wirst Du die Serie noch weiterführen. Was ist damit geplant?
Wir machen daraus ein Buch in der Edition Panorama. Es wird in der Form meines Bandes «Pax Americana» publiziert werden und ist dann Band drei meiner «American Dreamscapes»-Serie. Vorerst werde ich aber noch weitere Bilder machen. Amerika ist derart verrückt, dass es mir richtig Spass macht, dies in meinen Bildern sichtbar zu machen.
Welches sind Euere Zukunftspläne. Lebt Ihr nun weiterhin in den USA oder in Mexiko und wie ist Euere Beziehung zur Schweiz?
Wir haben noch immer unser Haus und Grundstück in Oregon, wo wir unsere Basis haben. Unser Studio haben wir verkauft als Trump gewählt wurde. Wir machen aber weiterhin Workshops mit US Kunden in Amerika. In Mexiko auf der Baja Halbinsel haben wir ein Haus, wo wir im Winter wohnen wenn wir Zeit haben. Wir kennen Nordamerika so gut dass wir einfach Fotoreisen dort veranstalten können, wo sich unsere Kollegen in Europa schwer tun.
Wir haben unsere Schweizer Staatsbürgerschaft behalten und haben auch Wohneigentum dort. Regula hat das Chalet ihrer Eltern am Grabserberg übernommen und wir sind dabei es zu renovieren. Die AHV haben wir weitergeführt und sind immer gerne wieder in der alten Heimat. Viele unserer Stammkunden auf den Fotoreisen sind Schweizer. Ich glaube wer in der Schweiz geboren und dort aufgewachsen ist, bleibt immer Schweizer, auch wenn wir natürlich auch amerikanisiert wurden in all den Jahren in USA.
Sämtliche Bilder © Christian und Regula Heeb
Weitere Informationen auf der Webseite heebphoto.com
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