Urs Tillmanns, 12. November 2017, 14:23 Uhr

Live von der Paris Photo: Schwarzweiss liegt im Trend

«Paris Photo», die grösste Fotokunstmesse der Welt, hat zum 21. Mal ihre Tore geöffnet. Alles, was Rang und Namen in der Szene hat und an Fotokunst interessiert ist, trifft sich hier im Grand Palais in Paris, dem riesigen Ausstellungskomplex nahe der Champs Elysée, der ursprünglich nur gerademal für die Weltausstellung 1900 erbaut wurde.

Rund 180 Fotogalerien und Verlagshäuser aus aller Welt sind hier präsent – crème de crème also, welche ihre Bestände anbieten, von seltenen Klassikern bis zu unbekannten Newcomern. Das Angebot ist vielfältig, wobei man auf viele Werke stösst, die man bereits mehrfach gesehen hat, sei es auf der letztjährigen Paris Photo, sei es auf der Art in Basel.

Die diesjährige Paris Photo schmückt sich mit dem Namen Karl Lagerfeld als Ehrengast. Lagerfeld hat im Vorfeld eine Selektion seiner persönlichen Favoriten getroffen und diese in der Ausstellung mit einem Kleber gekennzeichnet. Das ist einerseits für die jeweiligen Galeristen eine besondere Ehre und für den Besucher eine spannende Information, welche Bilder den Geschmack des Modemagnaten getroffen haben. Der Verlag Steidl hat daraus ein Buch gemacht, das in der Messe oder online  für 20 Euro angeboten wird und sowohl als spannender Führer oder als Erinnerung an die Paris Photo 2017 geschätzt wird.

Die Paris Photo ist gigantisch und der Grand Palais randvoll. Unmöglich, alle Stände an einem Nachmittag zu besuchen und mehr als nur einen Eindruck des riesigen Angebotes zu gewinnen. Man ist überwältigt von den vielen Eindrücken, von den Werken berühmter Klassiker, die man sonst nur aus Büchern kennt, ebenso wie von den Bildern junger Künstlern, die neue Ideen auf originelle, gelegentlich auch als unverständliche Werke realisieren. Aber: Kunst muss man nicht unbedingt verstehen – sie muss gefallen …

Auffallend dieses Jahr: Es hat sehr viele Schwarzweiss-Fotografien. Mehr als letztes Jahr. Nicht nur im Bereich der Klassik, sondern auch bei den Newcomern. Schwarzweiss war von jeher eine andere, weniger realistische Ausdrucksform, die im Zeitalter der farbverwöhnten Digitalfotografie wieder neu aufzublühen scheint. Dabei werden auch sehr viele Bilder in gigantischen Dimensionen gezeigt, weil der grossformatige Digitaldruck preislich günstiger geworden ist und weil wandgrosse Fotos mehr wirken. Sie werden dadurch zwar nicht besser, aber eindrucksvoller.

Fotointern.ch hat einen Rundgang durch die Gänge mit den vielen Besuchern gemacht und die persönlichen Favoriten fotografiert. Einige davon decken sich sogar mit denjenigen von Karl Lagerfeld …

 

Die Sonderschau «Choreographie der Revolte» über das Schaffen des Fotoreporters Gilles Caron zeigt verschiedene Schauplätze von Aufständen gegen Politik und Establishment. Gilles Caron wird oft der französische Capa genannt. Er verlor nur 30jährig sein Leben in Kambotscha. (Prismes / School Olivier Casting. Paris)

 

Die koreanische Fotografin Jungjin Lee hat Israel und die Westbank bereist, um in der Serie «Unnamed Road» ihre persönlichen Eindrücke und die geografisch-politischen Begebenheiten zu dokumentieren. (Prismes / Howard Greenberg New York, Camera obscura Paris, Stephan Witschi Zürich)

 

Die formal-abstrakte Bilderserie «Umbra» von Grey Crawford entstand in Südkalifornien und wurde nun, nach über 30 Jahren, wiederentdeckt. (Prismes / Gallery Taik Persons Berlin)

 

Die portugiesische Künstlerin Helena Almeida befasst sich mit Körperstudien, in denen Sie Fotografie und Malerei kombiniert. (Prismes / Filomena Soares Lissabon)

 

Die Serie «Peasures and Terrors of Levitation» schuf Aaron Siskind (1903-1991) in den Jahren 1953 bis 1961 in Chicago. Die Körper bewegen sich frei in einem leeren Raum, und Siskind überlässt es dem Betrachter ob er diese fallend oder schwebend interpretiert. (Prismes / Bruce Silverstein)

 

Der Maler, Zeichner und Fotograf Edward Ruscha aus Nebraska konnte mit seiner Serie «Parking Lots» (1967 und 1999) in Amerika grosse Erfolge verzeichnen. Die aus dem Hubschrauber fotografierten Parkfelder faszinieren vor allem durch die grafische Gestaltung. (Prismes / Textuel Paris)

 

Der Zürcher Fotograf Karlheinz Weinberger (1921-2006) hat in den 1960er Jahren die Halbstarkenszene in Zürich fotografiert und hat mit seinen Bildern von Rockern und Tätowierten die damalige Jugendbewegung dokumentiert. (Primes / Esther Woerdehoff Paris)

 

Die New Yorker Galerie Hans P. Kraus it auf frühe Fotografie spezialisiert und zeigt an ihrem Stand seltene Exemplare von Kalotypien, Edeldrucken und Silberprints bekannter Fotopioniere.

 

Der amerikanische Konzeptkünstler James Casebere zeigt drei Landschaften «Coutyard with Orange Wall», «Vestibule» und «Yellow Passage» am Stand der Galerie Templon Brüssel und Paris und erhält zwei Auszeichnungen von Lagerfeld und eine von J.P. Morgan.

 

Die Bilderserie «1968 – Le feu des idées» des Künstlers Marcelo Brodsky stiess auf grosse Beachtung des Publikums. Brodsky sammelte weltweit Agenturbilder der 1968er-Bewegung, kolorierte diese und versah sie mit seinen persönlichen Kommentaren. (Rolf Art & Henrik Faria, Buenos Aires und New York)

 

Die Galerie Bernheimer erhält von Lagerfeld zwei Auszeichnungen für die Waldbilder «Woodlands» von Mat Hennek, die auch in der Luzerner Galerie ein grosser Erfolg waren.

 

Sory Sanlé heisst der weitgehend unbekannte Fotograf, der mit seiner Bilderserie «Volta Photo» hervorragende Porträts aus Burkina Faso zeigt. Seine Bilder dürften ein Geheimtipp sein. (Yossi Milo Gallery New York)

 

Die Unfallaufnahmen von Arnold Odermatt haben nicht nur in der Schweiz Erfolg, sondern sie finden auch an der Paris Photo am Stand der Galerie Springer Berlin grosse Beachtung – und erhalten einen Punkt von Karl Lagerfeld.

 

In seiner Bilderserie «Soviet Collective Portrait» fotografiert Boris Mikhaïlow Filmschauspieler in der Art, wie zur Zeit der Sowjetunion Leute fotografisch registriert wurden und verwendet dazu immer ein weisses oder schwarzes Quadrat als Hintergrund. Dies in Anlehnung an den russischen Maler Kasimir Malewitsch. (Galerie Suzanne Tarasieve, Paris)

 

Das Werk «Sonnenstand» von Ursula Schulz-Dornburg zeigt den «Lichteinfall von Osten» in eine Kapelle in den Pyrenäen. (Galerie Luisotti, Los Angeles)

 

Das Porträtprojekt «Mutation I» von Klaus Rinke zeigt in 112 originellen und emotionalen Porträts «ein neues Vokabular der Körpersprache». (Galerie Kicken Berlin)

 

Weitere Informationen finden Sie unter www.parisphoto.com

(Text und Bilder: Urs Tillmanns)

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