Die D500, das neue DX-Flaggschiff von Nikon, nimmt weit oben auf der Beliebtheitskala der APS-C Spiegelreflexkameras Platz. Ralf Turtschi hat die D500 im Zoo Zürich beschnuppert und danach auf eine Sizilien-Reise mitgenommen. Von Vollformat verwöhnt hat ihn vor allem die Auflösung und Bildqualität der D500 interessiert. Hier seine Erfahrungen.
Die Nikon D500 soll sich besonders in der Sport- und Tierfotografie einsetzen lassen. Wohl deshalb, weil sie mit 10 Bildern pro Sekunde (in Kombination mit XQD-Speicherkarten) Träume wahr werden lässt. Nun, man wird vielleicht einer technisch hochstehenden Kamera wie der D500 nicht ganz gerecht, wenn man sie allzu sehr auf ihre stupende Geschwindigkeit reduziert. Immerhin kann sie alles andere auch. Ich erhielt von Nikon Schweiz eine brandneue D500 als Begleiterin für eine 14-tägige Reise quer durch Sizilien Ende Mai 2016 und durfte sie ausgiebig testen. Wer eine Reise vor sich hat, dem fehlt meistens eines: Zeit. Ein Städtchen wird dann halt über Mittag besichtigt, und man wartet nicht, bis die Goldene Stunde ihr Licht über die Landschaft breitet. Oder das Wetter spielt nicht so richtig mit, die Fernsicht ist getrübt, der Wind verunmöglicht Makroaufnahmnen. Reisefotografie hat immer etwas mit Zeit zu tun. Man hätte gerne etwas mehr davon.
Mandarin-Ente, Zürcher Zoo. 300 mm, 1/1250 Sek., f 11, ISO 800. Hier kommt die Geschwindigkeit der D500 richtig zum Tragen.
Die D500 ist schnell, liefert knackige Schärfe und hat ein gutes Dynamikverhalten
In Erwartung der Reise mache ich mich erst einmal in den Zürcher Zoo auf, wo ich mir die in Sizilien eher fehlenden Tiere vornehme. Die D500 liegt gewohnt sicher in der Hand, dazu montiere ich das Nikkor, 4,5–5,5/80–400 mm. Etwas stolz drücke ich mich durchs Publikum, welches mit Handys und Kompaktkameras hantiert. Der Zoo ist im Umbau, nicht der beste Zeitpunkt. Die Löwen fläzen weit weg, teilweise abgedeckt durch Felsen oder Gestrüpp, der Schneeleopard liegt gut getarnt im Schatten. Ein einzelnes Zebra tut sich an einem dürren Ast gütlich – wo bin ich da gelandet? Es gilt, das Beste aus der Situation zu machen – also ab ins Affenhaus.
Ein Orang-Utan im Zürcher Zoo. 135 mm, 1/1250 Sek., f 5, ISO 2000.
Kaiserschnurrbart-Tamarin. ISO 2000, 390 mm, 1/640 Sek., f 5,6, ohne Stativ. Bildrauschen ist kaum auszumachen.
Ich fixiere die Kamera auf 1/1250 Sekunde, voller Vertrauen stelle ich den ISO-Wert auf «Automatik» in einem Bereich von 100 bis 2000. Die Affenbande tobt nicht ganz so toll, im Gegenteil, die Gruppe verhält sich im Gegensatz zur anwesenden Kinderschar ganz gesittet, und man fragt sich, wer hier von wem abstammt. Es gelingen ein paar schöne Shots, die allerdings auch mit geringerer Belichtungszeit gelungen wären.
Nikon D500: Ersteindruck
Die Kamera ist rundum robust gebaut, sie liegt gewohnt gut in der Hand, viele Knöpfe erlauben schnelle und direkte Einstellungen. Die Auflösung des APS-C-Sensors beträgt 5568 × 3712 Pixel, macht 20,7 Megapixel. Videos in 4K sind möglich mit bis zu 30 Bilder/Sekunde. Die Einstellungsmöglichkeiten übernimmt die D500 von ihrer «grossen Schwester» dem derzeitigen Topmodell aus der FX-Familie, der D5. Sie bringt also die Möglichkeiten der Profimodelle ins DX-Format und avanciert damit zum DX-Flaggship. Die Kamera fokussiert extrem schnell und präzise – 153 AF-Messfelder stehen zur Verfügung, davon 55 einzeln anwählbar, ein absolutes Highlight. Sowohl der Autofokus wie auch die Belichtung arbeiten präzise und ohne jegliche Probleme, alles andere wäre auch eine Überraschung.
Praxisgerecht: Der ISO-Wert lässt sich blitzschnell per Knopfdruck umstellen (links). Mit dem Touchscreendisplay lässt sich das Bild bequem swipen und zoomen (rechts).
Wer seine Ausrüstung bisher auf DX ausgerichtet hat, dem bietet die D500 eine valable Option. Der Preis ist dementsprechend mit knapp CHF 2000.– für den Body auch nicht ohne. Sie ist eine tolle Kamera, kein Zweifel, und leistet alles, was aus der Entwicklung heraus erwartet werden darf.
Ragusa Ibla ist das wohl fotogenste Barockstädtchen Siziliens – besonders zur Blauen Stunde. Beachtlich ist der Dynamikumfang mit einer verblüffenden Schattendurchzeichnung
Klappdisplay und Okularverschluss
Die D500 verfügt über ein senkrecht neigbares 3,2-Zoll-Display mit 2,36 Millionen Bildpunkten, welches als Touchscreen funktioniert. Leider ist das Display nicht seitlich schwenkbar. Im ausgeklappten Display spiegelt sich häufig der Himmel, etwas lästig bei hellen Lichtsituationen. Ein schwenkbares Display, wie bei der D5500, wäre mir ein echter Mehrwert. Der Touchscreen erlaubt mit Fingertipp die Fokussierung via Display, für mich eine Spielerei, weil ich in gefühlten 95% ohnehin durchs Okular fotografiere. Er bekommt beim Durchsehen der Fotos Sinn, weil Bilder durchgewischt und mit zwei Fingern vergrössert werden können. Effizienz pur, die man braucht, um im Serienmodus entstandene Bilder haufenweise auszusortieren.
Bei Nachtaufnahmen lässt sich das Okular mit einem kleinen Schieber verschliessen, um Fremdlicht zu vermeiden. Da ich schon öfter mal den Gummiaufsatz vergessen habe, um bei meiner eigenen Kamera das Okular abzudecken, frage ich mich, warum nicht bei allen Kameras?
10 Bilder pro Sekunde
Die sagenhafte Bildrate lässt jedes Herz höher schlagen, auch wenn sie nur in einem kleinen Teil der Fotografie zum Tragen kommt, der Sport- oder Tierfotografie. Im Zoo Zürich hatte ich das Glück, einer Mandarin-Ente beim putzigen Bad zuzuschauen. Im AF-C-Modus, 1/1250 Sekunde, ISO 800, etwa fünf Sekunden einfach den Auflöser runterdrücken. Zusammen mit dem 80–400er-Zoom entwickelt die D500 ganz schön Power, es gelingen Aufnahmen, die mit einer langsameren Variante so nicht möglich sind. Dabei hatte ich nicht einmal eine schnelle XQD-Karte an Bord. Es ist eine Art Initialisierung, um Fan der D500 zu werden. Gerechterweise sei darauf hingewiesen, dass Systemkameras solche und höhere Geschwindigkeiten längst gewohnt sind, die DSLR schliessen einfach etwas auf. Laut Hersteller kann der Auslöser bis 20 Sekunden gehalten werden kann, was zu theoretisch 200 Bildern führt, die intern in den Puffer und gleich auch auf die XQD-Karte geschrieben werden. Nettes Feature, ich kann mir aber nicht vorstellen, so zu fotografieren.
Bildrauschen
Wikipedia dokumentiert gut, was der Begriff Bildrauschen beinhaltet, auf eine weitere Erläuterung sei hier deshalb verzichtet. Ich selbst bin etwas im Zweifel, wie ich das Thema Bildrauschen einordnen soll. Soll ichs unter allen Umständen mit ISO 100 vermeiden und deshalb auf freihändige Aufnahmen bei wenig Licht verzichten? Oder spielt das Bildrauschen überhaupt keine Rolle, da meine Bilder oft im Internet bei kleiner Auflösung angesehen werden und man das Bildrauschen dort sowieso nicht sieht? Ist’s gar ein Thema unter Fotografen, welches völlig an den Betrachtern vorbeizielt? Die D500 zeigt, in welche Richtung es möglicherweise geht. Nicht um fünf- oder sechsstellige Bereiche, sondern das Entfernen des Bildrauschens bei «vernünftigen» Einstellungen im vierstelligen Bereich.
Fontana di Artemide, Siracusa. 0,8 Sek, f 20, 24 mm. Bei ISO 800 ist kein Bildrauschen auszumachen.
Heutige Kameras verarbeiten ungefähr bis ISO 800 ohne Bildrauschen. Bei niedriger ISO-Zahl wird allerdings eine bessere Schärfe abgelichtet. ISO hat also auch mit Schärfeleistung zu tun und nicht nur mit Bildrauschen. Eine ISO-Stufe höher zu belichten, bedeutet die Blende eine Stufe zu schliessen oder die Belichtungszeit eine Stufe zu verkürzen. Wer also ohne Stativ unterwegs ist, gewinnt durch die Erhöhung des ISO-Wertes eine kürzere Belichtungszeit, was weniger Verwackelungsgefahr mit sich bringt. Ein auf diese Art verwackeltes Bild ist unbrauchbar, ein scharfes Bild mit etwas mehr Körnung ist absolut brauchbar. Bildrauschen tritt vor allem in mittleren bis dunkleren Bildpartien auf. In den hellen Bereichen ist wenig davon auszumachen.
Die D500 kann das Bildrauschen auch bei höheren Werten überraschend gut unterdrücken. Bei diesen Beispielen wurde das Luminanzrauschen in Lightroom nicht bearbeitet. Die Belichtungszeiten der Beispiele sind unterschiedlich.
Bildrauschen ist dann störend, wenn der Vergrösserungsfaktor des Bildes die Körnigkeit dominant hervortreten lässt. Mit anderen Worten: Bei einer Verbreitung übers Internet, bei der Ansicht auf Handys, Tablets oder auf dem Computer wird die Bildqualität weniger durch Bildrauschen, sondern durch die JPG-Kompression beeinträchtigt. Die Bilder werden dadurch schwammig, sie verlieren an Schärfe. Je nach JPG-Kompressionsstufe wird das Bildrauschen wieder herausinterpoliert und durch die «Klötzchenwirkung» der Artefakte ersetzt. Aus diesem Grund soll Bildrauschen nicht generell, sondern immer im Zusammenhang mit dem Ausgabemedium betrachtet werden.
Die ISO-Zahl ist neben Blende und Zeit als dritter Faktor entscheidend für die technische Bildqualität. Die D500 besitzt an gut zugänglicher Stelle einen Kopf für das Umstellen des ISO-Wertes «on the job». Eigentlich nur logisch, wenn man «schnelle Bilder» schiessen möchte.
Auf meiner Sizilienreise setzte ich bei knappem Licht probehalber die ISO-Werte bis 4000 ein, um zu erfahren, ob die D500 hält, was ihr nachgesagt wird. Sie hält es. Es ist einfach ein grossartiges Gefühl, ohne Stativ in einem Gebäude oder in der Blauen Stunde noch aus der Hand fotografieren zu können, ohne Bilder zu verwackeln. Die nicht ganz so lichtstarken, dafür günstigeren Objektive können plötzlich aus etwas anderer Sicht betrachtet werden.
Für alle, die sich für die Reise interessieren, habe ich einen separaten Bild- und Reisebericht Sizilien mit der Route, Hotelangaben und vielen Bildern publiziert. Es freut mich, wenn Sie ihn herunterladen.
Unendlich weite Hügellandschaft westlich von Enna.
Fazit
Die Nikon D500 ist im DX-Bereich das neue Flaggschiff. Sie begeistert durch ihre Performance in allen Bereichen und lässt kaum Wünsche offen. Sie bringt die Funktionalität der D5 in den semiprofessionellen Bereich und lässt die Grenzen verschwimmen. Die D500 macht es allen schwer, aufs Vollformat umzusteigen, sofern man nicht auf mehr als 30 Megapixel angewiesen ist. Allerdings ist der Preis entsprechend angesiedelt. Der Käufer hat im DX-Format auf jeden Fall eine gute Auswahl von der Einsteigerkamera bis zur D500.
Text und Bilder: Ralf Turtschi
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