Freitag Abend war in Paris Vernissage der «Photo Saint-Germain», einem Festival, das in rund 50 Galerien des Quartiers Saint-Germain-des-Prés Fotokunst aller Stilepochen zeigt – darunter berühmte Namen wie Auguste Salzmann, Henri Cartier-Bresson, Walker Evans, Lisette Model, Lucien Clergue, Marc Riboud oder Bettina Reims. Gestern Abend war Vernissage auf der Place Fuerstenberg, und danach war Zeit durch die vielen Gassen des Quartiers zu schlendern, um ein Highlight nach dem anderen zu sehen.
Das Quartier Saint-Germain-des-Prés hat, was Fotografie anbelangt, eine lange Tradition. In den 1930er-Jahren arbeitete Germaine Krull mit dem Verlag Firmin-Didot in der Rue Jacob zusammen, Man Ray richtete 1951 in der Rue Férou sein Studio ein, Paul Jammes eröffnete seine Fotobuchhandlung in der Rue Gozlin, welche «die schönsten Prints des 19. Jahrhunderts» anbot und Historiker aus der ganzen Welt anlockte. 1980 fand die Texbraun Gallery in der Rue Mazarine ihren Platz, und François Braunschweig und Hughes Autexier boten Originale von Gustave Le Gray, Baldus, Charles Nègre an sowie solche von Robert Mapplethorpe, Pierre & Gilles, Bettina Rheims oder Joel-Peter Witkin, woraus sich hier ein schnell wachsender Markt für schönste Fine Art Prints entwickelte.
Gestern Abend wurde auf der Place de Fuerstenberg das Fotofestival «Photo Saint-Germain» offiziell eröffnet
Mit dieser Vergangenheit und den vielen hier ansässigen Kunstgalerien war das Quartier Saint-Germain-des-Prés geradezu prädestiniert, um ein Fotofestival zu organisieren. 2010 fand Juliette Aittouarès, Leiterin der Galerie Espace 54, eine Reihe von local ansässigen Galerien, welche die Idee eines jährlich im November stattfindenden Fotofestivals unterstützen. So kann dieses Jahr vom 7. bis 22. November bereits das vierte Fotofestival durchgeführt werden. 49 Galerien, Institutionen, Kulturzentren und Buchhandlungen machen während des Photo Saint-Germain Festivals die Fotografie zu ihrem Leitthema und präsentieren verschiedenartigste Fotokunst.
Rund 50 Ausstellungen zeigen hochwertige Fotokunst im Pariser Quartier Saint-Germain-des-Prés
Das Quartier Saint-Germain-des-Prés liegt im 6. Arrondissement von Paris, südlich der Seine im Stadtgebiet «Rive Gauche». Es ist nach der Abtei Saint-Germain-des-Prés benannt und zieht sich entlang des Boulevard Saint-Germain und ist von den Metrostationen Odéon, Mabillon, Saint-Germain des-Prés, und Rue du Bac gut erreichbar. In den engen Strassen des Quartiers, namentlich in der Rue Mazarine, Rue de Seine und Rue Bonaparte mit ihren quer verlaufendes Gässchen, ist das Zentrum des Festivals. Hier gibt es unzählige Kunstgalerien und Kulturzentren, von denen sich einige jetzt im November im Rahmen des Photo Saint-Germain Festivals auf Fotografie spezialisiert haben, oder auch Fotos das ganze Jahr hindurch in ihrem Sortiment führen.
Anlässlich der gestrigen Vernissage haben wir einige Impressionen gesammelt:
In der Galerie Claude Bernard wird die selten gezeigte Farbreportage aus Amerika von Robert Doisneau präsentiert. Weiter in dieser Galerie: Henri Cartier-Bresson, Olga Chernysheva, Jean-Michel Fauquet, Carole Fékété, Martine Franck und Antoine Petitprez
Kalotypien des frühen Archäologen und Fotografen Auguste Salzmann (1824-1872) sind in den Galerien Le Minotaure (unser Bild) und Alain Le Gaillard gezeigt
Eine Retrospektive der Arbeiten von Lucien Clergue sind in der Galerie Patrice Trigano zu sehen …
… hier gleich noch ein Bild aus der Lucien Clergue Ausstellung
Die wieder eröffnete Buchhandlung «La Hune» zeigt eine grosse Ausstellung über Elliott Erwitt
Yan Morvan hat während 11 Jahren über 250 Schlachtfelder aller Epochen besucht und diese mit einer Grossformatkamera dokumentiert. Die Bilder sind in der «Edition Photosynthèses» zu sehen, die auch ein Buch dazu herausgebracht hat
Sofia Valient ist mit der Serie «Miracle Village» Galerie Daniel Blau chez Galerie Meyer – Oceanic & Eskimo Art zu sehen
Die Laurence Esnol Gallery präsentiert «Frénésie du silence» von Eric Antoine
Die Galerie Galerie Berthet-Aittouarès zeigt die metaphysische Bildserie «Inattendu», welche Mario Giacomelli im Jahre 2000 kurz vor seinem Tode schuf
Das diesjährige Festival wurde von der Journalistin Virginie Huet, die auch Mitwirkende des Mois de la Photo 2014 war, und Aurélia Marcadier koordiniert, Kuratorin und Mitbegründerin des Ausstellungszenters «Temple», das auf zeitgenössische Kunst in Paris spezialisiert ist. Die Gesellschaft Photo Saint-Germain-des-Prés, welche für die Organisation des Festivals verantwortlich ist, wird gegenwärtig von Christophe Lunn, Fotoexperte und unabhängiger Kurator, präsidiert.
Sollten Sie im November nochmals nach Paris kommen, so lohnt es sich, für diese grossartigen Ausstellungen einen Tag einzuplanen – aber vielleicht reicht ein Tag gart nicht …
Text und Fotos: Urs Tillmanns / Fotointern.ch
Weitere Infos gibt es auf der Webseite www.photosaintgermain.com auf französisch und englisch
Eine Auflistung aller am Photo Saint-Germain Festival teilnehmenden Galerien mit Direktlinks finden Sie hier.
Weiter bietet das Festival während der gesamten Laufzeit ein interessantes Veranstaltungsprogramm mit Vorträgen, Fotografeninterviews und Diskussionsrunden. Eine Übersicht dieser Agenda finden Sie hier.
Das Programm, den Plan und weitere Infos finden Sie auf diesem Flyer (pdf-download)