Urs Tillmanns, 11. Oktober 2015, 09:06 Uhr

Christian Scholz: Bilder vom Fliegen

Der Terminal E des Zürcher Flughafens ist sicher ein ungewöhnlicher Ausstellungsort für Kunstfotografien. Aber die Bilder von Christian Scholz, die hier noch bis Ende Jahr zu sehen sind, faszinieren und stimmen die Passagiere auf ihre grosse Reise ein.

 

Noch bis 31. Dezember 2015 sind im Terminal E des Zürcher Flughafens 14 Bilder zu sehen, die auffallen. Sie zeigen uns Impressionen vom Fliegen, Details von Flugzeugen und Menschen, die sich der Flugfaszination verschrieben haben. Es sind ungewöhnliche Bilder, die an ebenso ungewöhnlichen Orten entstanden sind. Aber nicht das «Wo» ist wichtig und auch nicht das «Wie», sondern ganz einfach die Tatsache, dass sie das Auge des Betrachters auf sich lenken und dem Terminal E eine neue Bilddimension verleihen – mit Bildern der unendlichen Weite …

 

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«Take off» © Christian Scholz, Zürich

Christian Scholz ist ein Konzeptkünstler. Er verfolgt gewisse Themen über lange Zeit und gibt sich nicht zufrieden, eh er aus einer Menge Bilder die wirklich besten heraussuchen kann. Dann braucht es noch zwei wirkungsbestimmende Faktoren: Einmal eine absolut professionelle Ausarbeitung seiner Fotografien, dann aber auch eine Umgebung, die den Bildern das nötige Betrachtungsumfeld verleihen – und so die Aufmerksamkeit der Betrachter auf sich lenken. Das hatte auch die Flughafen Zürich AG überzeugt, die den Künstler einlud, seine Ausstellung in unmittelbarer Nähe der Start- und Landepisten zu gestalten.

 

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Ausstellung «Flugkörper» im Flughafen Zürich, Dock E, Christian Scholz, Zürich, Ostwand mit 2 Exponaten nahe Gate 55, hinten links Westwand mit zwei Exponaten nahe Gate 59/62. Ausstellungsphoto Dock E: © Christian Schwager 2015

Die Faszination zur Fliegerei hat Christian Scholz schon von jeher in ihren Bann gezogen, doch spielt sie eigentlich im Gesamtwerk von Christian Scholz eine Nebenrolle – denn mit gleicher Akribie und Zielstrebigkeit engagiert er sich auch in anderen Themen, zum Beispiel in der Porträtfotografie oder in der Editorialfotografie. Nicht das Motiv ist für ihn wichtig, sondern die Bildaussage und die Perfektion seiner Bilder.

 

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Ausstellung «Flugkörper» im Flughafen Zürich, Dock E, Christian Scholz, Zürich, Nordwand mit 9 Exponaten und Texttafel, nahe Gate 55. Ausstellungsphoto Dock E: © Christian Schwager 2015

Betrachtet man die Bilder von Christian Scholz, so hat man nicht den Eindruck einfach Flugzeuge zu sehen. Die Aluminiumkolosse scheinen kein Gewicht zu haben und kommen uns wie Lebewesen vor. Und ihre Details, die zum Bildinhalt werden, wirken wie Porträts auf uns – Porträts die uns ansprechen, die uns in ihren Bann ziehen. Körper! – «Flugkörper» eben.

 

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Ausstellung «Flugkörper» im Flughafen Zürich, Dock E, Christian Scholz, Zürich, Westwand mit 2 Exponaten, nahe Gate 59/62. Ausstellungsphoto Dock E: © Christian Schwager 2015

Christian Scholz hat sich auf die Details konzentriert, auf spannende Formen, die mit dem bei der Aufnahme minutiös gewählten Bildausschnitt zu einer harmonischen Einheit verschmelzen. Die Bilder tragen auch Namen, die ihren Charakter zusätzlich unterstreichen: «Flugfeder» (unser Einstiegsbild), «Take off», «Düse» oder «Ankunft».

 

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«Ankunft» © Christian Scholz, Zürich

Die Ausstellung – und auch die gesamte langjährige Arbeit von Christian Scholz – trägt den Titel «Flugkörper». Die Flugmaschinen werden in den Bildern zu Körpern, die uns vorkommen als würden sie leben. «Es sind ja jene Körper,» so definiert Christian Scholz, «die dafür sorgen, dass wir – wir unbeholfenen Menschen – überhaupt so hoch hinaus können und fliegen dürfen. A‐380 schön und gut, alles wunderbar, Hochachtung dort zum Beispiel vor der Technik. Aber es bleibt ein Rätsel, warum dieser Körper immer wieder vom Boden abhebt. Das ist eine Form der Wahrnehmung, der ich mich nie entziehen kann. Das hat nichts mit besonderer Sensibilität zu tun. Ich kenne Piloten, die wundern sich selbst bis heute auch darüber … Beim Frauenkörper gibt es auch Rätsel, aber andere. Der reine Gang des Frauenkörpers, die Fortbewegung, sogar der Lauf des Frauenkörpers, ist mir da fast plausibel. Ich meine das ganz ernst. Man kann sich so mit den Dingen beschäftigen und kommt zu neuen Auf‐Sichten. Dem dient meines Erachtens die Fotokunst.»

Aber es gibt noch einen anderen Aspekt, weshalb uns die Bilder von Christian Scholz faszinieren. Sie sind analog entstanden und in bestmöglicher Qualität als Kohlepigment Injet-Drucke geprintet worden. Dies vermittelt den Bildern einen Tonwert- und Detailreichtum – eine Bildtiefe, welche die Wirkung der «Flugkörper» zusätzlich verstärkt.

Urs Tillmanns

Besichtigungen: Das Dock E des Flughafens Zürich-Kloten liegt ausserhalb der Besucherzone und ist lediglich für Flugpassagiere zugänglich. Sollten Sie Interesse haben, die Ausstellung dennoch besichtigen zu können, so setzen Sie sich mit Christian Scholz per E-Mail oder telefonisch 079 657 00 84 in Verbindung, um sich einer Gruppenbesichtigung unter Leitung des Fotografen anzuschliessen.

Literatur:

Christian Scholz, «Körper»
Vorwort von Martin Heller
Schwabe Verlag, Basel, 2011
116 Seiten, 60 Duplex Abbildungen, gebunden
ISBN 978-3-7965-2758-6
CHF 68.00

Christian Scholz: «Die Zeit der Kamera»
Schwabe Verlag, Basel, 2013
72 Seiten, 50 Abbildungen, broschiert
ISBN 978-3-7965-2895-8
CHF 26.00

Christian Scholz: «33 Portraits»
Nachwort von Jochen Hesse
Edition Schwarzweiss, Basel, 2014
72 Seiten, 33 Abbildungen, gebunden
ISBN 978-3-9524404-0-7
CHF 48.00

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Alle Fotos: © Christian Scholz, Zürich
Ausstellungsfotos Dock E: © Christian Schwager, 2015
Prints: Laboratorium Ursula Heidelberger, Zürich
Rahmung: Studio Arte AG, Zürich
Weitere Infos unter www.christianscholz.ch

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