Gastautor/-in, 24. Mai 2015, 09:30 Uhr

Gepixelt – nicht gerührt. Oder doch?

Die Canon EOS 5DS mit ihren 50 Megapixeln Auflösung regt zur Frage an, welche Objektive in der Lage sind, die erforderliche Schärfeleistung zu erbringen. Die Hersteller halten sich diesbezüglich noch bedeckt, denn offensichtlich sind die entsprechenden Objektive erst in der Entwicklung. Wir wollten mehr zu den Hintergründen wissen und gingen zu Leica nach Wetzlar. Welcher Mix bringt den besten Bildqualitätscocktail? Eine Recherche.

 

Die Ankündigung von Kameras mit immer höheren Megapixelzahlen freut natürlich die Freunde der Fotografie. Auch ich bin beeindruckt von Kameras mit 30, 40 oder gar 50 Megapixeln. In den letzten Jahren durfte ich zu Testzwecken mit einigen der besten Kameras im oberen Pixelsegment arbeiten, unter anderem mit (in alphabetischer Reihenfolge, damit alles seine Korrektheit hat) der Hasselblad H5D 50C, der Leica S, der Nikon D810 und der Sony A7R. Jede von ihnen hat beeindruckende Resultate geliefert.

 

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In den letzten Jahren konnte ich mit einigen der besten Kameras im oberen Pixelsegment arbeiten. Jede von ihnen hat beeindruckende Resultate geliefert.

Etwas stutzig wurde ich allerdings, als ich von einem Kamerahersteller ein 36- und ein 24-Megapixelmodell im Vergleichstest hatte: Ich fotografierte damals ein Still-Life-Motiv mit beiden Modellen, öffnete die zwei Files und vergrösserte das 24 Mpx-File auf denselben Level wie das 36-Mpx-Bild. Ich konnte bei einer 1:1 Betrachtung praktisch keinen Unterschied feststellen. Bringt denn ein höher auflösender Sensor wirklich so wenig Plus an Bildqualität? Oder könnte es sein, dass andere Parameter, allen voran das Objektiv, an ihre Grenzen stossen und deshalb der Unterschied so klein ist? Wo ist das schwächste Glied in der Kette? Wem könnte man diese Fragen stellen?

 

Die besten Objektive der Welt?

Vor meinem inneren Auge spielt sich eine Szene ab, die ich vor drei Jahren in der Normandie erlebt habe: Etwas frierend stehe ich mit der Leica S auf dem Stativ bei Mont St. Michel und warte auf das Abendlicht. Nach einiger Zeit stellt sich ein netter Spanier neben mich, der sein Smartphone auf ein Ministativ stellt und auch auf gutes Licht wartet. Marcos ist Grafikdesigner, und so gibt es genügend Gesprächsstoff. Plötzlich fällt sein Blick auf die Kamera vor mir, und anerkennend nickt er: «Ah, Leica», sagt er. «Kennst du die Marke?» frage ich zurück. «Natürlich, das sind die, die die besten Objektive der Welt bauen und dann noch eine Kamera hinten dran konstruieren.» Nun, wenn Marcos Recht hat, dann ist es klar, wo ich Antworten auf unsere Fragen finde. Auf nach Wetzlar zur Kultmarke mit dem roten Punkt!

 

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Warten auf gutes Licht mit der Leica S bei Mont St. Michel. Wenn man meinem spanischen Kollegen Marcos glaubt, baut die Kultmarke mit dem roten Punkt die besten Objektive der Welt

 

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Beeindruckend: Der Leitz-Park in Wetzlar – Hauptsitz und Konzernzentrale von Leica Camera AG

 

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In der Empfangshalle sind faszinierende Leica-Trophäen ausgestellt

 

Einfacher wurde es im digitalen Zeitalter nicht

Zeitsprung zurück in die Gegenwart: Zusammen mit Urs Tillmanns befinde ich mich im neuen, beeindruckenden Leica-Gebäude in einem Sitzungszimmer. Uns gegenüber sitzt eine geballte Ladung Wissen – Peter Karbe, Dept. Manager Development Optics, Dr.-Ing. Volker Zimmer, Department Manager Digital Imaging und Stephan Schulz, Director Product Management Professional Photo. Ganz laienhaft stelle ich die Frage in den Raum, ob denn die Objektive noch in der Lage sind, die neuen hohen Sensorauflösungen mitzumachen. Oder sind sie «the bottleneck»?

Peter Karbe, Optikspezialist bei Leica, beginnt etwas aus dem Nähkästchen zu plaudern, und ganz schnell wird klar:

• Die Objektive können mit den hochauflösenden Sensoren Schritt halten, wenn sie entsprechend konstruiert sind.

• Man darf nie eine Komponente aus der Aufnahmekette isoliert betrachten, sondern muss immer das Gesamtsystem im Auge behalten.

• Jede Kamera- und Optikkonstruktion ist mit Kompromissen behaftet. Mehr Megapixel auf dem Sensor heisst beispielsweise mehr Rauschen in den hohen ISO-Zahlen. Mehr Auflösung beim Objektiv hat eine schwerere und teurere Konstruktion zur Folge. Es gilt, den bestmöglichen Kompromiss für das gesetzte Ziel zu finden.

 

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Unsere Gesprächspartner bei Leica (v.l.n.r.): Peter Karbe, Dept. Manager Development Optics, Stephan Schulz, Director Product Management Professional Photo und Dr.-Ing. Volker Zimmer, Department Manager Digital Imaging

 

Das Gesamtsystem im Auge behalten

Von dem Moment an, wo das Licht auf das Objektiv einer Kamera trifft, durchläuft es verschiedene Stadien, bis es entweder auf dem Computerbildschirm erscheint oder in irgendeiner Form gedruckt wird.

• Objektiv
• Sensor
• Prozessor
• Bildbearbeitungssoftware
• Bildschirm oder Drucker

 

Ein analoges System wird ins digitale Zeitalter transferiert

Peter Karbe gibt uns zuerst einen Einblick in die Herausforderungen, denen Leica gegenüberstand, als es galt, die M-Serie ins digitale Zeitalter zu beamen. Denn bei Leica war klar, dass man eine volle Kompatibilität der analogen Objektive und der digitalen M, und umgekehrt auch der neuen Objektive mit den analogen M, gewährleisten wollte.

Ein Kamerasystem, das schon seit über 50 Jahren auf dem Markt war, sollte technologisch in eine völlig neue Ära geshiftet werden. Und das, obwohl ein Sensor ein völlig anderes Lichtaufnahmeverhalten als ein Film hat. Und natürlich alles in Leica-Qualität.. Durch die kompakte Konstruktion der M bedingt treffen die Lichtstrahlen in den Randbereichen in extremen Winkeln auf den Sensor auf. Für den analogen Film spielte das keine Rolle, doch für den Sensor, der ja selbst wieder aus lauter kleinen optischen Systemen besteht, schon. Mit grossem Aufwand hat Leica diese Herausforderungen gelöst, und der Erfolg des digitalen M-Systems beweist, dass die Leica-Ingenieure ihre Hausaufgaben hervorragend gelöst haben. Und dass die Objektive die 24 Megapixel des Sensors auch auflösen – daran lässt Peter Karbe keine Zweifel aufkommen.

 

Ein digitales System wird von Grund auf konstruiert

Etwas anders präsentierte sich die Situation beim Leica S-System. Dieses wurde von Anfang konsequent auf die digitale Fotografie ausgelegt. Die Objektive werden mit höchstem Fertigungsaufwand konstruiert. Bei Leica sind übrigens 56 (!) Glassorten für den Objektivbau im Einsatz. Vieles wird in Handarbeit geschliffen, poliert und zusammengebaut.

Es gibt kein Zeitlimit, wie lange ein Mitarbeiter an einem Fertigungsschritt arbeiten darf, wohl aber ein Qualitätslimit: Erst wenn die Linse oder das entsprechende Teil Leicas engen Toleranzvorgaben entspricht, wird der nächste Arbeitsschritt in Angriff genommen. Das hat natürlich seinen Preis. Und klar ist auch, dass eine Festbrennweite besser optimiert werden kann als ein Zoom, auch wenn die Zooms sich in den letzten Jahren qualitativ auch verbessert haben. Doch wie gesagt – das Objektiv ist erst der Anfang …

 

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Ein Blick in die Produktion. Hier werden die Kameras gefertigt und geprüft

 

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Die Linsenzentrierung. Hier spielt Zeit keine Rolle – nur die Qualität

 

Der Sensor

Ein Sensor ist – laienhaft gesprochen – ein System mit Millionen (eben Mega…) von kleinen Linsenelementen, die das Licht vom Objektiv übernehmen und es auf eine Siliziumschicht projizieren, wo es dann in ein elektronisches Signal umgewandelt wird. Ganz entscheidend dabei ist der Abstand zwischen dem Linsenelement und der lichtempfindlichen Photodiode. Dazwischen liegen die lichtundurchlässigen Leiterbahnen aus Metall, die zur elektrischen Kontaktierung der Photodioden und der Ausleseelektronik inkl. der Analog-Digitalwandler benötigt werden. Dadurch entsteht eine Wirkung wie von einer Blende zwischen Linse und Siliziumschicht – und damit auch so etwas wie zusätzliche Vignettierung. Leica baut seine Sensoren in enger Kooperation mit der belgischen Firma CMOSIS. Nun hat man bei Leica Alu durch Kupfer ersetzt, um die Metallteile dünner und schmaler bauen zu können. Dadurch verringert sich der Abstand zwischen Mikrolinse und Siliziumschicht – was eine bessere Qualität zur Folge hat.

 

Schutzglas und Infrarot-Sperrfilter

Vor jedem Sensor sitzt ein Schutzglas. Das ist ganz logisch, denn das empfindliche System muss vor mechanischen Einflüssen und Verschmutzung geschützt werden, und nur so ist eine Reinigung der Sensorfläche möglich. Weil Silizium ein Farbspektrum aufweist, das stärker für Infrarot empfindlich ist als das menschliche Auge, muss zudem ein Teil der infraroten Lichtwellen mit einem Sperrfilter eliminiert werden. «Das sind zwei weitere Parameter, welche die Qualität des Bildes entscheidend mindern können», erklärt Peter Karbe. Leica habe bei der Leica M mit hohem Aufwand Schutzglas und Infrarot-Sperrfilter verschmolzen, um die Anzahl der Glas/Luft-Flächen zu reduzieren, die immer Streulicht und Reflexe verursachen und das Ganze so dünn wie möglich konstruiert. Mit dem dünnen Deckglaspaket bei der M sei auch die Kompatibilität mit den älteren Leica Objektiven aus der Analogzeit gewährleistet.

 

Prozessor

Kein Bild, auch nicht eine RAW-Datei, ist völlig unbearbeitet. Der Prozessor in der Kamera optimiert die vom Sensor gelieferten Daten in jedem Fall. Bei einer RAW-Datei wird einfach weniger stark eingegriffen als bei einem JPEG – deshalb sind RAW-Dateien auch immer wesentlich grösser als JPEGs und enthalten mehr Informationen.

«Chromatische und monochromatische Verzeichnung können über Software Processing (Imaging Enhancement) recht gut korrigiert werden», fügt Peter Karbe hinzu – und ergänzt für mich als Laien: «Das sind die Farbsäume und die Objektivverzeichnung.» Bei Spiegelreflexkameras kann man gerade die Objektivverzeichnung allerdings nicht allzu sehr vernachlässigen, denn der Fotografierende sieht ja das vom Objektiv gelieferte Bild. Wäre es allzu verzerrt, würde dies die Bildbeurteilung sehr stören. Bei spiegellosen Kameras sieht das ein wenig anders aus:

Das vom Objektiv gelieferte Bild kann vor der Anzeige auf dem Display rechnerisch korrigiert werden. Und das in Echtzeit! Wow! Hier kann also gerade die Korrektur der Objektivverzeichnung zu einem gewissen Teil der Software überlassen werden. Dadurch ergeben sich entweder weniger aufwändige Konstruktionen, oder gleich aufwändige Konstruktionen, bei denen andere Parameter wie z.B. Astigmatismus oder Koma besser korrigiert werden können als bisher, ohne den optischen Aufwand zu erhöhen.

 

Bildbearbeitungs-Software

Am Schluss der Kette öffnet der Fotograf das Bild mit einer Bildbearbeitungssoftware, um es nochmals zu optimieren. Wenn es ein RAW-File ist, findet die erste Optimierung meist in Lightroom oder Photoshop statt. Auch hier können nochmals Objektivfehler korrigiert werden. «Doch Vorsicht», warnt Volker Zimmer. «Wenn Sie beispielsweise eine Vignettierung korrigieren möchten, dann hellt das System wohl die Randzonen auf, doch mit dieser Anhebung wird auch das Bildrauschen mitverstärkt.» Auch hier gilt es also, den optimalen Kompromiss zu finden (obwohl optimal und Kompromiss sich eigentlich gegenseitig fast ausschliessen).

 

Mein Fazit

Der aktuelle Stand der Digitalfotografie erlaubt es, Bilder in einer Qualität aufzunehmen, wie es im analogen Zeitalter nicht möglich war – ausser vielleicht mit 8×10“ Kameras. Der Weg zum optimalen Bild wird allerdings immer herausfordernder, je höher wir in den Qualitätsolymp hinaufsteigen. Klar ist, dass alle Komponenten optimiert werden müssen. Bei Leica habe man die Hausaufgaben diesbezüglich in der Vergangenheit gemacht und werde dies auch in Zukunft tun, versichern uns die Spezialisten. Die gross geprinteten Beispiele in der Leica-Galerie unterstreichen diese Aussage eindrücklich. Wie viel Auflösung bringen denn die Leica-Objektive wirklich? Zahlen werden uns keine genannt, doch es wird uns wie bereits erwähnt versichert, dass die M-Objektive die Auflösung des Sensors locker mitmachen. Bei den S-Objektiven sei sogar noch Reserve drin, so dass die Auflösung auch noch für die nächste und wohl auch übernächste Sensorgeneration reicht. «Selbst 70 Megapixel bereiten mir keine Kopfschmerzen» meint Peter Karbe mit dem Lächeln eines Meisters.

 

Und die anderen Kamerahersteller?

Es werden uns immer wieder Kameras mit höher auflösenden Sensoren vorgestellt. Mich irritiert, dass dabei nicht von den anderen Parametern wie Dynamikumfang und Farbsättigung gesprochen wird. Muss das Plus an Auflösung mit einem Minus in diesen Bereichen bezahlt werden? Hier erwarte ich mehr Transparenz von den Herstellern. Sie können übrigens auf http://home.comcast.net/~NikonD70/Charts/PDR.htm das Dynamikumfangverhalten vieler Kameras abrufen – sehr interessant.

Ebenfalls irritiert es mich, dass die Kamera- und Objektivhersteller die Auflösungswerte ihrer Objektive nicht angeben. Auch hier gibt es Abhilfe, zumindest für die Objektive der grossen Marken. Auf www.dxomark.com sind für viele Linsen die maximal möglichen Auflösungswerte angegeben. Ein Blick auf diese Website zeigt, dass nur wenige Objektive in der Lage sind, die (Pixel-)Höhen zu erklimmen, die die Sensoren schon drauf haben.

Nach unserem Besuch bei Leica wissen wir, dass es möglich ist, die Objektive auf den Level der Sensoren zu hieven – nur hat es seinen Preis. Ich bin sicher, dass die übrigen Marken dies ebenfalls wissen. Denn in letzter Zeit ist verstärkt zu beobachten, dass bereits auf dem Markt befindliche Objektive durch Neukonstruktionen abgelöst werden. Die Tabellen von dxomark.com zeigen auf, dass das auch dringend nötig ist. Die physischen Grenzen im Objektivbau sind noch lange nicht erreicht. Es ist nun an den Kameraherstellern, ihre Systeme ganzheitlich weiter zu entwickeln und nicht nur die marketingtechnisch gut propagierbare Anzahl der Megapixel laufend zu erhöhen.

 

Mein persönlicher Tipp

Überlegen Sie sich ganz genau, wie viel Auflösung Sie für Ihre fotografischen Aufgaben benötigen. Jedes Plus an Auflösung muss mit Nachteilen in der Farbdynamik und im Rauschverhalten erkauft werden, der Speicherbedarf explodiert und das Bankkonto schrumpft. Wenn weniger Megapixel für Sie reichen, dann kaufen Sie Ihre Kamera entsprechend – auch wenn der Nachbar oder Freund mit einem Pixelboliden protzt. Treten Sie ihm mit den Lächeln des Wissenden entgegen …

Canon EOS5DSGanz neu im Pixelolymp angekommen ist Canon mit der EOS 5DS und der 5DS R. Können die Canon-Objektive die 50 Megapixel der Kameras auflösen? Ich bin gespannt auf die ersten diesbezüglichen Messresultate von dxomark.com

Und wenn Sie für Ihre fotografischen Arbeiten eine hohe Auflösung benötigen, dann schauen Sie nicht nur auf die Megapixelzahl, sondern auch, welche konstruktiven Optimierungen der Kamerahersteller nebst dem Sensor vorgenommen hat. Und bei den Objektiven gilt ganz klar: Wer über 30 Megapixel Auflösung benötigt, muss Premium-Objektive kaufen. Tendenziell sind das eher Festbrennweiten. Das tut hinten links oder rechts (je nach dem, wo Ihr Portemonnaie sitzt) ziemlich weh. Aber nur dann macht der Pixelbolide Sinn. Und falls Sie noch kein Stativ haben, bestellen Sie gleich eines mit, wenn Sie die Hochmegapixelkamera ordern. Denn jede kleinste Erschütterung beeinträchtigt das Resultat bei so hohen Auflösungen. Sorgfältiges Arbeiten ist ein Muss, ebenso wie die akkurate Bildaufbereitung – notabene im 16-Bit-Modus, um die Farbtiefe der Daten wirklich auszunützen. Das heisst: Adieu platzsparendes JPG, denn dort gehen nur 8-Bit. Ein 16-Bit-RGB-TIF mit 50 Megapixeln frisst dann 286 Megabyte auf Ihrer Harddisk weg. Die Speicherhersteller freut’s …

Bei Leica kann man also getrost davon ausgehen, dass die Objektive zum Sensor passen. Leider gibt es auf dxomark.com keine Angaben zur effektiven Auflösung der Leica-Objektive. Bei den grossen Herstellern aus dem Lande Nippons zeigt dxomark.com, welche Objektive wie viel auflösen. Für Sony und Nikon können die Werte der hauseigenen Objektive und derjenigen der wichtigsten Fremdhersteller herausgelesen und das Objektivprogramm entsprechend zusammengestellt werden. Im Fall von Canon ist es noch zu früh, um das wirkliche Auflösungspotenzial der Objektive zu kennen. Denn bis jetzt war ja bekanntlich bei den 22.3 Mpx der EOS 5D MkIII Schluss. Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis die Leute von dxomark.com Modelle der neuen 5er mit 50 Megapixeln bekommen, um die Canon-Objektive daran zu testen und auszuloten, ob Sensoren und Objektive eine harmonische Einheit bilden.

 

Ein Blick in die Zukunft

Alle in diesem Bericht beschriebenen Elemente der Kamera werden sich weiter entwickeln – Sensoren, Objektive, Prozessoren, Drucker. Für uns Fotobegeisterte heisst dies, dass sich die Bildqualität weiter verbessern wird. Es ist gut möglich, dass sich im Top-Qualitätssegment die Kosten für Kameras und Objektive wegen höherem Konstruktionsaufwand und teureren Materialien nach oben bewegen. Deswegen müssen unter Umständen diejenigen, die sich in den höchsten Qualitatssphären bewegen, in den sauren Apfel von höheren Preisen und schwereren Objektiven beissen müssen.

Doch bei allem Fortschritt sollten wir folgende Tatsachen nicht vergessen:

  1. Das wichtigste Arbeitsinstrument des Fotografen ist sein Auge.
  2. Das zweitwichtigste Arbeitsinstrument des Fotografen sind seine Füsse.
  3. Erst das drittwichtigste Arbeitsinstrument ist die Kamera, und dort gilt: Die beste Kamera ist die, die Sie dabei haben.

Peter Schäublin, 720.ch // photoriginals.com,
in Kooperation mit Urs Tillmanns

 

 

Ein kleiner Praxistest der Extreme

Der Gwunder hat mich sehr gestochen, und deshalb habe ich einen Praxistest der Extreme gestartet: Ich habe unsere Nikon D810 einmal mit dem 2.0/200 mm – laut dxomark.com – derzeit das höchst auflösende Nikon-Objektiv und einmal mit einem 27-jährigen AF Nikkor 1:4 70–210 mm ausgestattet. Meine Frau stand Model, geblitzt haben wir mit dem Profoto B1 im High Speed Synch Modus (das funktioniert prächtig!). 100 ISO, 1/400 sec, f 5.6.

Bewusst habe ich diese extremen Gegensätze beim Objektiv gewählt, um auch am Bildschirm den Unterschied sichtbar zu machen.

Im kleinen Abbildungsmassstab sieht man keinen Unterschied. Hier die beiden unbehandelten Files nebeneinander:

 

Test_Ursula

Ich habe die Schärfe auf das – von der Kamera aus gesehen – linke Auge gelegt. Die Ausschnittvergrösserungen weiter unten zeigen, dass natürlich das neuere Objektiv mehr Zeichnung und auch ein Plus an Plastizität bringt. Interessanterweise wird der Unterschied zwischen den beiden Linsen kleiner, wenn man nachschärft. Der gezeigte Ausschnitt wurde einem Print in der Grösse von 130 x 190 cm entsprechen (bei 200 dpi Auflösung).

 

Test_Ursula01
Nikon D810, AF Nikkor 70–210mm F4 // 1/400 sec, f5.6, 100 ISO // Profoto B1 // RAW-File ohne Bearbeitung

 

Test_Ursula02
Nikon D810, AF-S Nikkor 200mm F2G ED VRII // 1/400 sec, f5.6, 100 ISO // Profoto B1 // RAW-File ohne Bearbeitung

 

Test_Ursula03
Nikon D810, AF Nikkor 70–210mm F4 // 1/400 sec, f5.6, 100 ISO // Profoto B1 // RAW-File mit Nachschärfen in Lightroom

 

Test_Ursula04
Nikon D810, AF-S Nikkor 200mm F2G ED VRII // 1/400 sec, f5.6, 100 ISO // Profoto B1 // RAW-File mit Nachschärfen in Lightroom

 

Um das Thema zu vertiefen, müsste man jetzt verschiedene Motive mit verschiedenen Arbeitsblenden parallel fotografieren. Dennoch möchte ich ein Fazit zu diesem kleinen Praxistest ziehen:

• Beste Resultate gibt es nur mit Premium-Objektiven.

• Wer nicht im Grossprintbereich arbeitet, benötigt weder höchste Auflösung noch neueste Objektive.

• Durch sorgfältige Nachbearbeitung, z.B. in Adobe Lightroom/Photoshop, kann noch viel herausgekitzelt werden.

 

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3 Kommentare zu “Gepixelt – nicht gerührt. Oder doch?”

  1. Danke für den aufschlussreichen Beitrag.
    Eine Anmerkung noch: Ich bin der Meinung den weg den OLYMPUS und PENTAX gehen, ist sinnvoll. Weil durch die mehrfach Belichtung und den Pixelshift werden Auflösungen erreicht die eine Neukonstruktion der Objektive nicht nur überflüssig machen sondern dadurch das man nicht IMMER so eine Auflösung benötigt auch ein sehr guter Kompromiss dastellt. Und diejenigen BERUFSFOTOGRAFEN die täglich so eine Schärfe brauchen werden sich eh eine LEICA S oder so leisten müssen.

  2. @Jörg, der smarte Weg von Olympus und Co. finde ich auch gut. Besitze selbst die E-M5 II, aber auch die D800E. Solange Olympus bei acht Aufnahmen zum Verrechnen bleibt, wird das System an seine Grenzen stossen – pure Physik. Auch wenn wir alle Vorgänge ausblenden welche Zeit brauchen (Auslesen des Sensors, bewegen des Sensors), am Schluss bleibt die Belichtungszeit für den ganzen Vorgang. 1/1000 Sekunde pro Einzelaufnahme -> 8x -> 1/125 Sekunde Gesamt. Das ist für viele Aufnahmen schon zu lange und 1/1000 Sekunde oft nicht realisierbar, ausser Offenblende und HighIso (gut, der Algorythmus hilft auch beim Reduzieren des Rauschens).
    Im Moment ist man aber noch weit davon weg im Consumerbereich (Olympus) Nullauslesezeit (Globalshutter) bei den Sensoren zu haben.
    Für spezifische Situationen, Stativ usw. ist die Shifttechnik aber eine tolle, preisgünstige Alternative zu den Pixelmonstern.

  3. Hatte gehofft noch etwas mehr konkrete Informationen aus dem Leica-Munde zu erhalten.
    Heute schon machen die S-Objektive wett, was bei Hasselblad softwareseitig erst möglich wird. Hier ist sicher Potential nach oben.
    Aber auch auch bei Leica kann man ohne Zeitdruck schlecht zentrierte Objektive liefern – ein wirklich schlecht justiertes 28er M Elmarit sollte hier zum Nachjustieren 13Wochen benötigen. Eine Intervention „weiter oben“ hat es dann beschleunigt- Qualität fantastisch- aber das sollte in der Endkontrolle nicht durchgehen. Hier sollte man spätestens auch im Service dem Premiumanspruchvgerecht werden.

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