Gestern haben wir den Film über Sebastião Salgado vorgestellt, heute wollen wir – an Stelle der sonst am Samstag üblichen Buchbesprechung – die DU-Ausgabe dazu präsentieren. Soviel vorweg: Es ist eine der schönsten DU-Ausgaben der letzten Zeit, eine die man sich unbedingt zur Seite legen sollte, denn sie könnte einmal zu den Gesuchtesten gehören.
Wer «Genesis» gesehen hat, sei es die Ausstellung oder die Buchausgaben des Taschen-Verlages, dem muss man nicht mehr viel über dieses grossartige Werk erzählen. Salgado hat während zehn Jahren Orte und Völker neu entdeckt, welche bisher vom Einfluss der modernen Gesellschaften unberührt waren und in beeindruckenden Bildern unseren Planeten dokumentiert. Jetzt kommt der Film dazu, der sich nicht eigentlich um «Genesis» dreht, sondern um den Fotografen Sebastião Salgado, seine Arbeitsweise, seine Philosophie und vor allem seine Einstellung zur Natur.
DU-Chefredaktor Oliver Pranger hat eine Entstehungsphase dieses Filmprojekt selbst miterlebt, und so stand schnell fest, dass mit der Schweizer Filmpremière von «Das Salz der Erde» auch das entsprechende Themenheft aufliegen sollte.
Die DU-Ausgabe enthält vier Textteile, die miteinander einen spannenden Themenmix bilden. Als Heftschwerpunkt erzählt Salgado, wie es zu Genesis kam, was er dabei alles erlebt hatte, und wie er, als bekannter Menschenfotograf, nun plötzlich während acht Jahren die entlegensten Vulkane, Gletscher, Wälder, Flüsse und Schluchten fotografieren sollte. Salgados Text stammt übrigens aus seinem neuesten Buch «From my Land to the Planet», das diesen Sommer im Verlag Contrasto in Rom erschienen ist. Unterbrochen wird Salgados Erzählung von drei weiteren Artikeln vom Journalisten Jan Parker, dem Fotobuchautor David Levi-Strauss und letztlich Oliver Pranger selbst, der den Filmregisseur Wim Wender interviewte.
Der Artikel von Sebastião Salgado mit dem einprägsamen Titel «Wenn Sie nicht gern warten, können Sie kein Fotograf sein» zieht sich wie ein roter Faden durch das ganze Heft und begleitet die fantastischen, stimmungsvollen Schwarzweissfotografien. Salgado gibt Einblick in seine Welt von Genesis und seine Arbeit und erzählt beispielsweise von seinen drei Monaten auf Galapagos, wo er mehr mit der Natur im Einklang war als er fotografierte. Wie er das Vertrauen der Schildkröten wiedergewann, wie er die Basstölpel beobachtete, und das Paarungsverhalten der Albatrosse, die wahrscheinlich treuer sind als Menschen. «Ich habe diese Reportage nicht als Zoologe oder Journalist gemacht» sagt Salgado. «Ich habe sie für mich selbst gemacht, um den Planeten zu entdecken. Und sie hat mir enorme Freude bereitet …»
Im Artikel «Die Reise an das Ende und den Anfang der Welt» beschreibt Ian Parker die Arbeits- und Lebensweise von Salgado als er ihn auf einer Antarktis-Expedition begleitete. Parker vermittelt mit viel Spannung, wie er den Fotografen bei seiner Arbeit beobachtete, und in den durch die raue See aufgezwungenen Ruhezeiten viel über den Fotografen Sebastião Salgado erfuhr. Es ist Teil einer interessanten Lebensgeschichte, nach deren Lektüre man sehr viel über das Empfinden und die Beweggründe von Salgado versteht.
David Levi-Strauss befasst sich in seinem Aufsatz «Die Erscheinung des Anderen» intensiv mit Salgados Bildern, vor allem mit jenen eindrucksvollen Werken, welche die Arbeiter den gigantischen Goldminen in Brasilien zeigen. «Sebastião Salgado fotografiert die Menschen mit grosser Zuneigung; sie erscheinen nicht einfach als Opfer der Machtverhältnisse, sondern erinnern wie Heiligenbilder an den Glauben an eine bessere Welt» folgert David Levi-Strauss und gibt uns damit eine ganz neue Sichtweise zu Salgados wohl berühmtesten Bildserie.
Um auf den Film zurückzukommen, führt Oliver Prange abschliessend ein Interview mit Wim Wenders, dem Filmregisseur von «Das Salz der Erde», der dieses Filmwerk zusammen mit Salgados Sohn Juliano in vierjähriger Arbeit realisiert hat. Das Gespräch vermittelt viele wissenswerte Details zu diesem Film und zeigt uns wie intensiv sich Wim Wenders mit der Persönlichkeit und dem Schaffen Salgados auseinandergesetzt hat. Auch die Rollenteilung von Wim Wenders und Juliano Salgado kommt ausführlich zur Sprache, und dass gerade diese Zusammenarbeit letztlich zu einem Film dieser Aussagekraft geführt hat. Sie beide machen bei ihrem Film über Sebastião Salgado dieselbe Erfahrung, die dessen Arbeit im Innersten prägt: sich so lange Zeit zu lassen, bis die investierte Zeit selbst sichtbar wird.
Die DU-Ausgabe zeichnet sich neben diesen aufschlussreichen Texten vor allem durch die hervorragenden Bilder von Sebastião Salgado aus, Schwarzweissbilder in höchster Qualität, wie man sie von Salgado kennt, aber auch in einer Druckqualität, die mit den Originalen ebenbürdig sein dürfte. Wie eingangs gesagt: Es ist eine der schönste DU-Ausgaben, die nicht nur eine tiefen Einblick in das Schaffen von Sebastião Salgado gibt, sondern auch nach seinem Vorbild Mahnfinger ist, wie wir mit unserem Planeten umgehen sollten.
Urs Tillmanns
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Der Inhalt: Sebastião Salgado – Salz der Erde
Der Fotograf Sebastião Salgado war Zeuge von internationalen Konflikten, Kriegen und ihren Folgen, von Hungersnöten, Vertreibung und Leid. Salgado wäre selbst seelisch an dieser Aufgabe fast zugrunde gegangen, wenn er nicht ein neues Fotoprojekt begonnen hätte: «Genesis». Zehn Jahre lang fotografierte er von Menschen unberührte Orte der Erde.
Sebastião Salgado – Wenn Sie nicht gern warten, können Sie kein Fotograf sein
Exklusiv im deutschsprachigen Raum erzählt Sebastião Salgado fürs Du von seinem Leben als Fotograf, der seit mehr als vierzig Jahren die Kunst der Schwarz-Weiss-Fotografie immer wieder neu erfindet.
Ian Parker – Die Reise an das Ende und den Anfang der Welt
Auf eine der ersten von insgesamt 32 Reisen für das gigantische Projekt Genesis durfte der Journalist Ian Parker Sebastião Salgado begleiten.
David Levi-Strauss – Die Erscheinung des Anderen
Sebastião Salgado fotografiert die Menschen mit grosser Zuneigung; sie erscheinen nicht einfach als Opfer der Machtverhältnisse, sondern erinnern wie Heiligenbilder an den Glauben an eine bessere Welt.
Wim Wenders im Gespräch mit Oliver Prange – «Wenn man eine solch konzentrierte Arbeit macht, bleibt mehr als eine persönliche Begegnung»
Der deutsche Filmregisseur Wim Wenders und Salgados Sohn Juliano machen bei ihrem Film über Sebastião Salgado dieselbe Erfahrung, die dessen Arbeit im Innersten prägt: sich so lange Zeit zu lassen, bis die investierte Zeit selbst sichtbar wird.
Sebastião Salgado
Salz der Erde
DU-Ausgabe Nr: 851 / November 2014
ISBN: 978-3-905931-47-1
Preis: CHF 20.– / EUR 15.–
Erhältlich: an Kiosken, Buchhandlungen und beim Verlag
Weitere Informationen und Inhaltsübersicht auf: www.du-magazin.com,
Bei aller Fotoschönheit, uns Technikfreaks würde brennend interessieren welche Aufnahmen auf den 620 Filmrollen waren(vermutlich 120er mit Pentax 645 aufgenommen) welche bei der Röntgenkontrolle am Flughafen drauf gegangen sind , wie es dazu kommen konnte und was andere dagegen unternehmen. Hab gelesen dass er dann mit digitaler pentax 645 unterwegs war.