Der Salon de la Photo in Paris hat einen ersten erfolgreichen Tag hinter sich. Gestern, am Eröffungstag, waren es vor allem professionelle Besucher, die in die Halle 4 des Palais de Versailles strömten. Heute und am Wochenende wird es ein generelles Publikum sein. Insgesamt werden bis und mit Montag, 10. Oktober 2011 über 80’000 Besucher erwartet.
Fotomessen sind heute nicht mehr die Neuheitenquellen, die sie im Vor-Internet-Zeitalter einmal waren. Die Weltneuheiten auf Messen sind rar geworden, denn die Welt ist zur Erbse geschrumpft. Und doch bleibt den Messen die Faszination, da und dort Dinge zu entdecken, die es nicht in die grossen Newsseiten geschafft haben und es bleibt unverändert spannend, auch die zweitjüngsten Produkte in die Hand nehmen zu können, um sich eventuell zu einem Kauf zu entscheiden.
Am ersten Tag war die Halle 4 des Palais de Versailles eher dürftig besucht. Der grosse Besucherstrom wird am Freitag und vor allem am Wochende erwartet
Wenig wirklich Neues …?
So dürften auch für Sie, die Sie regelmässig die Neuheiten-Berichterstattung auf Fotointern.ch verfolgen, hier in Paris bis auf wenige Ausnahmen kaum neue Produkte zu entdecken sein. Und doch gibt der Salon de la Photo als grösste diesjährige Fotomesse in Europa, einen unvergleichlichen Überblick über den aktuellen Technologie- und Kreativstand der Fotografie.
Just am Morgen des Salon de la Photo war auf japanischen Internetseiten zu lesen, dass Fujifilm eine spiegellose Systemkamera auf den Markt bringen werde. Die Fujifilm-Bosse am Salon de la Photo wussten offiziell noch nichts davon – oder sie nahmen dazu zumindest keine Stellung.
Die X10 war heuer am Fujifilm-Stand die Neuheit des Tages, die sich bescheiden (und noch nicht einmal sauber abgestaubt) in einer kleinen Vitrine präsentierte. Sie ist die zweite Kamera der X-Serie mit einem hoch lichtstarken 1:2,0-2,8/28-112 mm Vierfachzoom.
Die Fujifilm X10 wurde am Salon de la Photo bloss in einer Vitrine gezeigt
«Für uns ist die X-10 ein sehr wichtiges Produkt, das mit Zoomobjektiv offensichtlich nach der X100 einer grossen Nachfrage entspricht» meint der Pressevêrantwortliche Franck Portelance von Fujifilm. Obwohl hier in Paris erst als Prototyp gezeigt, soll die Fujifilm X10 noch im Oktober in Europa auf den Markt kommt – in Frankreich für 530 Euro.
Nikon 1 ist unbestritten ein Messe-Highlight
Es war zu erwarten, dass die Nikon 1, die jüngst präsentierte spiegellose Systemkamera von Nikon, zum Tagesgespräch am Salon de la Photo wurde. Jetzt war sie endlich da, die längst erwartete Spiegellose von Nikon. Publikumsmagnet, vor allem für Nikon-Fans, die viele Fragen beantwortet haben wollten.
Auch Gérard Bouhot, eine Legende der Fotoszene in Frankreich, wollte sich ein Bild vom jüngsten Nikon-Baby machen. Bouhot hat übrigns kürzlich ein 400-seitiges Buch über «die Digitale Fotografie ohne Computer» fertiggestellt. «Wer richtig fotografieren kann, braucht keinen Computer, um seine Bilder zu verbessern» ist Bouhot überzeugt. Wann das Buch auf den Markt kommt, steht noch nicht fest, denn Bouhot sucht zur Zeit noch einen Verleger …
Camcorder mit integriertem Projektor
Der Sony HDR-PJ10 Camcorder gehört zu den spektakulären Neuheiten, die am Salon de la Photo präsentiert wurde. Es ist der erste Camcorder mit einem integrierten Projektor.
Der HDR-PJ10 von Sony ist der erste Camcorder mit einem integrierten Projektor
Der HDR-PJ10 wurde nicht nur auf der Theke gezeigt, sondern man konnte sich auch in einem abgedunkelten (!) Raum von der neuartigen Präsentationsmöglichkeit der bewegten Szenen überzeugen. Dass Projektionen mit einem Minibeamer aus der Kamera möglich sind, haben Nikon und GE mit Digitalkameras schon vorgemacht, und jetzt kommt diese Technologie also auch in die Camcorder.
Weitere Highlights am Sony-Stand waren natürlich die SLT-A77 Spiegelreflexkamera mit dem teildurchlässigen Spiegel und die neue NEX-7, die mit 24,3 Millionen nicht nur den Pixel-Rekord hält sondern auch mit einem zusätzlichen Sucher brilliert. NEX-Fans haben sich schon am ersten Messetag intensiv mit dem interessanten Modell auseinandergesetzt. Die drei bisherigen NEX-Modelle scheinen mit dem grossen Sensor und dem breiten Zubehörangebot eine Klasse für sich zu werden.
Weiter auf unserem Streifzug …
Ein weiteres, neues Produkt, das wir am Salon de la Photo entdeckten, ist eine weisse Ricoh GR Digital IV. Sie soll nur in einer limitierten Stückzahl auf den Markt kommen, und wie, über welche Kanäle und zu welchem Preis sie verkauft werden soll stehe – zumindest für Frankreich – noch nicht fest. Sicher ist, dass sich Ricoh damit im Trend bewegt, denn weisse Kameras scheinen mit aktuellen Modellen bei Olympus, Pentax und Nikon zur Zeit oben auf zu schwimmen.
Ein neues Zubehör für Profis haben wir am Stand von Cullmann entdeckt, beziehungsweise bei der französsches Vertretung Kerpix. Cullmann bringt unter der Bezeichnung Protector PodBag spezielle Stativtaschen, die sich in zwei verschiedenen Grössen mit Hartschalenenden zum optimalen Schutz der Stative präsentieren.
Exportleiter Gabriel Garcia Romers von Cullmann präsentiert die neuen Stativtaschen Protector PodBag, die es in zwei verschiedenen Grössen gibt
Samyang präsentiert sich heuer markanter als letztes Jahr. Der französische Distributor Digitaccess hat den Vertrieb für Frankreich übernommen und zeigt die Alternativ-Objektive aus Korea in der Nähe des Messeeingangs, während der koreanische Hersteller letztes Jahr auf einem kleinen Stand im hinteren Hallenteil zu finden war.
Man wird sich den Namen Samyang merken müssen, denn die bisherigen Exklusivitäten wie das 1:4/24mm, das 1:2,8/14mm Superweitwinkel, das 1:3,5/8mm Fisheye oder das Fisheye 1:3,5/7,5 mm für Micro Four Thirds Kameras sind qualitativ und preislich sehr interessante Produkte.
Für viele Besucher ist eine Fotomesse attraktiv, weil Produkte angefasst und ausprobiert werden können, die man sonst kaum zu sehen bekommt und mit denen man sich Träume erfüllen könnte. So zum Beispiel die Extremteles von Canon, die einen faszinierenden Durchblick bieten. Stoff zum Träumen …
A propos Träume: Die verschiedenen Darbietungen von leicht bekleideten Fotomodellen und Showgirls locken viele Amateure in die Halle. Ob die Bilder wirklich etwas werden? Und ob es sich wirklich lohnt, deswegen stundenlang eine schwere Ausrüstung durch die Halle zu schleppen? Aber das Phänomen ist ja nicht nur auf Fotomessen zu beobachten, sondern noch vermehrt zum Beispiel an Autoausstellungen.
Die Bildpräsentation ist ein zunehmend wichtiges Thema, besonders im Trend der Fotoalben, die am diesjährigen Salon wieder reichlich und in den verschiedenstenVarianten vertreten waren. Aber auch im Bereich der gerahmten Bilder gibt es noch Innvonationen: Patrick Rubinstein von Dooblepix-Art zeigt in einem Rahmen zwei verschiedene Bilder, je nach dem aus welcher Richtung man das Bild betrachtet.
Das Geheimnis liegt in einer Vertikalstruktur, welche auf jeder Seite ein anderes Bild zeigt. Das Ganze ist mit einer miutösen handwerklichen Fertigung verbunden. Sehen Sie mehr dazu auf der Website von Dooblepix-Art.
An Fotomessen sollte man die kleinen Stände besonders beachten. Oft sind es Newcomer, die mit interessanten Produkten die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich lenken wollen, so zum Beispiel der chinesische Zubehörhersteller Meike (dessen Webseite demnächst funktionieren sollte).
Der tschechische Distributor Skyline Group SRO ist für den Vertrieb von Meike in Europa zuständig und führt interessante Unterwassergehäuse für Canon G- und Sony NEX-Modelle, Blitzgeräte, Makro-Zwischenringe, Sucherlupen und Batteriefächer für Spiegelreflexmodelle sowie Fernauslöser und andere elektronische Kamera-Accessoire.
Nicht zu übersehen am Salon ist das «Village de la vente» mit den vier Grosshändlern Camara, Cirque Photo Video, Fnac und Phox. Sie verkaufen die Neuheiten direkt an die Messebesucher – und dies bereits im dritten Jahr mit grossem Erfolg.
Die Messe habe für sie schon am ersten Tag sehr gut begonnen, sagte mir einer der Verkäufer, denn die Besucher wären noch stärker als letztes Jahr motiviert, auch teurere Produkte spontan zu kaufen. Der Preisvorteil sei zwar nicht unbedingt ausschlaggebend, sondern die sofortige Verfügbarkeit der aktuellsten Kameras. Phox hat sich dieses Jahr etwas Besonderes einfallen lassen und gewährt für die an der Messe gekauften Artikel eine verlängerte Garantiedauer von vier Jahren.
Inzwischen sind wir im hinteren Hallenteil angelangt. Ein unbestrittenes Ausstellungs-Highlight ist die Bildpräsentation von Karl Lagerfeld, der ja auch gestern den Salon feierlich eröffnet hatte. Die Porträts, die Lagerfeld auf dem Pariser Salon zeigt, sind hervorragend und finden bei den Besucher gebührend Beachtung.
Und da wir gerade von Ausstellungen sprechen, dürfen wir die Gastausstellung der japanischen JCII nicht übersehen. Das ehemalige Qualitätsprüfungsinstitut aus Tokyo präsentiert 30 Jahre Digitalfotografie mit einem einmaligen und spannenden Querschnitt durch drei Jahrzehnte digitaler Kamertechnologie. Schon 30 Jahre! Unglaublich, wie die Zeit vergeht. Die Geschichte einer Revolution, an dîe wir uns kaum noch zurückbesinnen können …
Urs Tillmanns
Der Salon in KürzeDer Salon de la Photo ist von Donnerstag, 6. bis Montag 10. Oktober 2011 von 10 bis 19 Uhr geöffnet. Samstag ist die Messe bereits um 8 Uhr zugänglich, dafür schliesst sie am Montagabend schon um 18 Uhr. Der Normaleintritt kostet 11 Euros. Studenten, Jugendliche unter 18 Jahren und Gruppenbesucher ab 10 Personen bezahlen 6 Euros. Jugendliche unter 12 Jahren können die Messe kostenlos besuchen. Es empfiehlt sich die Eintrittsbillete im Internet zu bestellen um dadurch die Wartezeiten bei der Registrierung an den Kassen zu umgehen. Das Messegelände «Porte de Versailles» ist mit den Metrolinien 12 (Station: Porte de Versailles) und 8 (Station: Balard) sowie mit den Trams 2 und 3 oder mit den Buslinien 39 und 80 zu erreichen. Der Salon de la Photo befindet in der Halle 4, die von den Metro- und Busstationen in wenigen Minuten zu Fuss erreichbar ist. |
Weitere Informationen finden Sie hier, das detaillierte Veranstaltungsprogramm gibt es hier (pdf 2,4 MB).
Erfrischend wie Urs uns durch die Ausstellung führt. Danke vielmals. Bei Samyang wegen der angekündigten Shift-Objektiven nochmals ansaugen bitte.
Ab Dezember 2011 ist Paris von Basel aus in 3 Std. erreichbar.
@Michael. Es sind m.W. keine Shift-Objektive von Samyang angekündigt und es wurden auch in Paris keine gezeigt. Gruss Urs
Doch doch Tilt/Shift sogar. Online-Leser wurden von Samyang befragt. Hab es indirekt erfahren.
@Michael. Es kann schon sein, dass Samyang (bzw. Delta) eine Kundenbefragung durchgeführt hat. Aber das ist noch lange keine offizielle Information. Wie gesagt: Offiziell wollte am Salon de la Photo niemand etwas davon wissen (was an einer Publikumsmesse wohl verständlich ist)