Urs Tillmanns, 21. August 2011, 07:00 Uhr

Feininger-Ausstellung im Museum im Bellpark in Kriens

Noch bis 23. Oktober 2011 zeigt das Museum im Bellpark in Kriens die Feininger Ausstellung «New York in the Forties». Wie kam es dazu, und welches sind die Schwerpunkte der Ausstellung? Fotointern.ch hat mit Kurator Hilar Stadler ein Exklusiv-Interview geführt.

 

Fotointern: Herr Stadler, eine Feininger-Ausstellung von internationalem Format in Kriens zu finden, ist nicht selbstverständlich. Wie kam es dazu?

Hilar Stadler: Es gehörte etwas Glück dazu. Die Feininger-Ausstellung wurde von Thomas Buchsteiner konzipiert und umfasst insgesamt etwa 120 Bilder. Sie ist bereits schon seit einigen Jahren auf internationaler Wanderschaft. Vor etwa anderthalb Jahren hatten wir einmal Interesse angemeldet, die Ausstellung hier in Kriens zu zeigen. Und dann kam plötzlich der Bescheid, dass wir die Bilder bis Ende Oktober präsentieren können.

Copyright: Urs Tillmanns / Fotointern.ch

Hilar Stadler, Direktor des Museum im Bellpark, Kriens


Welchen Stellenwert nimmt die Fotografie in Ihrem Museum ein?

Einen sehr grossen. Unser Museum stellt eigentlich drei Hauptrichtungen aus: Fotografie, zeitgenössische Kunst und Geschichte. Abgesehen von den rein fotografischen Ausstellungen fliesst die Fotografie zusätzlich auch dokumentarisch in die anderen beiden Bereiche ein, so dass die Fotografie im Bellpark eigentlich fast immer in irgendeiner Form präsent ist.

Andreas Feininger, Start eines Helikopters, 1949 © AndreasFeiningerArchive.com, c/o Zeppelin Museum Friedrichshafen


Und im Fall von Feininger gibt es ja auch eine direkte Verbindung zur Architektur …

Das ist richtig. Andreas Feininger hatte am Bauhaus in Weimar Architektur studiert, doch hatte er in der Krisenzeit der Dreissiger Jahre im nationalsozialistischen Deutschland mit einem französischen Pass und jüdischer Vergangenheit keine Chance seinen Beruf auszuüben. Auch in Schweden nicht, wo er mit seiner Frau in den dreissiger Jahren hinzog. Bei Kriegsausbruch wanderte Feininger nach Amerika aus, wo seine Berufschancen zunächst kaum besser waren. Doch kam ihm hier sein Steckenpferd zu Hilfe, nämlich die Fotografie, und als perfekter Techniker mit einer hohen kreativen Sensibilität, konnte er seine fotografischen Fähigkeiten hier voll entfalten. Feininger hatte Glück, dass er bald in das Redaktionsteam von «Life» aufgenommen wurde, vor allem wegen seiner aussergewöhnlichen Aufnahmen, dann aber auch, weil er fliessend vier Sprachen beherrschte, was für einen Fotojournalisten in Amerika ungewöhnlich war.

Andreas Feininger, Empire State Building, New York, 1940 © AndreasFeiningerArchive.com, c/o Zeppelin Museum Friedrichshafen

 

Worauf haben Sie beim Aufbau der Ausstellung geachtet?

Wir haben die Ausstellung nach thematischen Gesichtspunkten gestaltet. Unser Museum hat als früheres Wohnhaus der Industriefamilie Bell den Vorteil, dass verschieden grosse Räume im Erdgeschoss, im ersten Stock und im Keller zur Verfügung stehen, die sich hervorragend eigneten, die Ausstellungselemente nach Themen zu gruppieren. Das passt bestens zu Feininger. So präsentieren wir im Erdgeschoss einige Feininger-Klassikerbilder, dann im ersten Stock Szenen aus New York, darunter sozialpolitische Bilder, Architekturen und seine extremen Teleaufnahmen und dann im Keller das Stadtbild von New York der 1940iger Jahre.

Andreas Feininger, Downtown Manhattan by Night, New York, 1940 © AndreasFeiningerArchive.com, c/o Zeppelin Museum Friedrichshafen

 

Das ist ja eigentlich auch der Titel der Ausstellung: «New York in the Forties». Haben Sie die gesamte Ausstellung übernommen oder eine Bildauswahl getroffen?

Wir zeigen etwas über Hundert Feininger-Originale und haben etwa zehn Bilder weggelassen, einerseits aus Platzgründen, anderseits aber auch, weil es Wiederholungen waren. Für uns war wichtig, den Bildern genügend Raum zu geben, damit die Qualitäten dieser Bildfindungen für den Betrachter zur Geltung kommen.

Andreas Feininger, Passagiere verlassen die Staten-Island-Fähre an der Battery, New York, ca. 1940, © AndreasFeiningerArchive.com, c/o Zeppelin Museum Friedrichshafen

 

Was ist Ihrer Ansicht nach das Besondere an Feiningers Schaffen?

Die Bilder Feiningers faszinieren uns einerseits, weil sie ein New York zeigen, welches es seit langem nicht mehr gibt. Das ist der dokumentarische Wertdieser Sammlung. Dann war Feininger ein hervorragender Techniker, bei dem jedes Detail perfekt sitzen musste. War für eine Aufgabe ein bestimmtes Ausrüstungselement nicht verfügbar, so bastelte er sich dieses kurzerhand selbst. So sind beispielsweise seine extremen Teleaufnahmen entstanden, mit denen Feininger den New Yorkern ihre Stadt in einer Art und Weise zeigte, wie sie sie noch nie gesehen hatten. Drittens war Feininger ein begnadeter Gestalter. Wie in der Architektur mussten auf seinen Fotos auch Flächengrössen und Seitenverhältnisse harmonisch zueinander passen. Und letztlich verstand er es sein Wissen an Generationen jüngerer Fotografen weiterzugeben. Seine vielen Lehrbücher gehörten während Jahrzehnten in allen Sprachgebieten zur Pflichtlektüre der fotografischen Ausbildung.

Andreas Feininger, Coney Island, New York, 1949 © AndreasFeiningerArchive.com, c/o Zeppelin Museum Friedrichshafen

 

Glauben Sie, dass Feininger auch beim jüngeren Besucherpotential noch ein Begriff ist?

Ich glaube schon. Feininger war bis in die 1980er Jahre aktiv, und erst vor kurzem ist wieder ein Buch über sein Schaffen herausgekommen. Auch wenn heute die analoge Fotografie nur mehr historischen Wert hat, so sind Feiningers Bilder unverblühte Klassiker, von denen auch junge Fotografen viel über Bildaussage und Bildkomposition lernen können. Und nicht zuletzt hoffen wir, dass wir mit dieser Ausstellung einen Beitrag zur Bekanntheit von Andreas Feininger leisten können. Auch sind wir ein klein wenig stolz, dass das Museum Bellpark in Kries erstmals in der Schweiz eine derart umfassende Ausstellung über diese Ikone der Fotografie präsentieren darf.

Ein berechtigter Stolz, wie wir meinen. Wir wünschen Ihnen und Ihrer neuen Ausstellung viel Erfolg.

Das Interview führte Urs Tillmanns

 

Copyright Urs Tillmanns / Fotointern.chIm Museum im Bellpark werden die Bilder von Andreas Feiniger sehr grosszügig präsentiert und kommen für den Betrachter optimal zur Geltung.

 

Die Ausstellung «Andreas Feininger – New York in the Forties» ist noch bis 23. Oktober 2011 im Museum im Bellpark in Kriens zu sehen.

Während der Ausstellung wird im Museumsshop das Buch «Andreas Feiniger» aus dem Verlag Hatje Cantz für CHF 36.—angeboten. Es ist das derzeit umfassendste Werk über das Leben und Schaffen von Andreas Feininger. Es enthält auf 320 Seiten alle seine markanten Bilder, sowie ein sehr lesenswertes Kapitel aus der Feder des berühmten Fotografen zur «Philosophie der Fotografie».

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage des Museum im Bellpark: www.bellpark.ch

 

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