David Meili, 11. Oktober 2009, 10:12 Uhr

Hannes Schmid, Foodfotografie und der Neffe von Mitterand

Pressespiegel zum Wochenende vom 10./11. Oktober 2009
091011_hannes_schmidBei der Vernissage zur Werkschau von Michel Comte im Museum für Gestaltung kam die Frage auf: „Who’s next?“. Verdient hat eine vergleichbare Würdigung Peter Knapp, dessen Ursprünge auch an die Limmat zurückreichen. Doch zuoberst auf der Wunschliste der Zürcher Szene steht Hannes Schmid. Nun findet er in DAS MAGAZIN eine erste Würdigung.

Klassische Arbeiten von Schmid werden ab 29. Oktober 2009 im Brooklyn Museum, New York ausgestellt und erstmals auch in einem Buch präsentiert, auf das fotointern.ch in den kommenden Wochen eingehen wird. Schmid war zu Beginn der achtziger Jahre Abenteuer- und Naturfotograf. Werke aus dieser Zeit mit Landschaftsaufnahmen erschienen unter anderem in der Zeitschrift PHOTOGRAPHIE. Mitte der achtziger Jahre übernahm Schmid erstmals einen Auftrag für die deutsche Vogue und fotografierte anschliessend für Cosmopolitan, Harper’s und Elle.

Weltberühmt wurde Hannes Schmid mit „seinem“ Marlboro Man, den der Popkünstler Richard Prince ohne seine Einwilligung in ein Kunstwerk umsetzte. Schmid, der seine Bildrechte weitgehend für sich bewahren konnte, begann dieses Sujet selbst grossflächig zu malen und provokativ zu vermarkten. Der Weg von Gockhausen, wo Schmid heute wohnt und arbeitet, bis an die Limmatstrasse wäre ja nicht so weit. Und so hoffen wir, sein faszinierendes Werk irgendwann einmal auch in den Räumlichkeiten eines hiesigen Museums entdecken können. Vorerst begnügen wir uns mit einer Ausstellung in der Galerie von Nicola von Senger, die am 26. Oktober eröffnet wird.

091010_koonsDie Problematik von fotografierten und durch andere Künstler weiterverwertete Bilder analysiert ein lesenswerter Beitrag von Herbert Pfortmüller in der NZZ vom 10. Oktober (Seite 53). Pfortmüller ist Partner in der Avokatur Meili, Pfortmüller in Zürich, einer der ersten Adressen für Medienrecht in der Schweiz. Der Autor beginnt seine Betrachtungen mit den „Puppies“ von Jeff Koons, die von einer zufällig gekauften Postkarte des Fotografen Art Rogers entstanden sind.

Auf der Suche nach weiteren Beispielen führt der Ausflug in die Kunstgeschichte über Marcel Duchamp, Robert Rauschenberg, Andy Warhol und andere „Appropriators„. Höhepunkt bildete zweifellos die Serie von Sherrie Levine mit Aufnahmen von Walker Evans unter dem Titel „After Walker Evans“, die wiederum von Michael Mandiberg abfotografiert und als eigenes Werk ausgegeben wurde.

Diese Absurditäten stellt Pfortmüller in den Rahmen des schweizerischen Urheberrechts. Werke aus zweiter Hand sind möglich, sofern der Ersturheber (sollte er noch über die Rechte verfügen) seine Zustimmung gibt. Wenn das ursprüngliche Werk jedoch im Folgewerk „verblasst“, gilt diese Regel gemäss Bundesgericht nicht mehr. Da der Begriff des „Verblassens“ sehr schwierig abgrenzbar ist, plädiert Pfortmüller auf „Fair Use„.

Mit dem unerwarteten Tod von Beat Wüthrich hat das Magazin zum SonntagsBlick seine kulinarische Seele verloren. Nachfolger/innen sind bei grossen Bemühungen der Redaktion noch nicht in Sicht. Die Reportagen von Wüthrich zeichneten sich durch Fachkompetenz und durch freundschaftliche Unterstützung der „Beurteilten“ aus. Für Fotograf/innen bot die Zusammenarbeit mit dem Gastrokritiker stets die Chance für hervorragende Bildreportagen.

Foodfotografie (Vorschläge für einen besseren Begriff sind erwünscht) erweist sich selbst in Zeiten der Werbekrise als ebenso stabil wie die Lebensmittelindustrie. Dieses Wochenende ist eine echte Herausforderung für linienbewusste Gourmets. Die Publikumsmesse OLMA konkurriert mit ihren Degustationen und Veranstaltungen die Gourmesse in Zürich.  Mit vielen anderen Weinfesten lockt der Hallauer Herbstsonntag.

Alle Veranstaltungen bieten reichlich Stoff für Food- und Peoplefotografie. Im SonntagsBlick präsentiert Sabine Wunderlin Schnappschüsse von der Eröffnung der OLMA. Andere Medien bedienten sich bei Keystone, und schlauere Journalisten auf dem Portal der Messe. Die OLMA engagierte eine ehemalige, verdiente Fotografin von Keystone gleich selbst und stellt die Bilder zur Publikation gratis zur Verfügung.

Für das magazin zum SonntagBlick fotografierte René Frauenfelder brav den Kaninchenbraten von Antonio Colianni und dann folgt eine Publireportage über Maggi. Mehr zu bieten hat die NZZ am Sonntag mit ihren Beilagen. Die Ausgabe von Z DIE SCHÖNEN SEITEN im Oktober verwöhnt uns mit grosszügig aufgemachten Fotografien von Thomas de Monaco. Sonst lässt sich in den Sonntagsmedien kaum etwas Sehenswertes zum Thema Food finden.

091011_landfrauenFür die Illustration der am Freitag anlässich der OLMA vorgestellten Ausgabe „St. Galler Landfrauen Kochen“ hat man neue Weg beschritten. Noch einmal Rösti oder Ribelmais mit Pilzen fotografieren? Elisabeth Dürr, selbst auf dem Land aufgewachsen, hatte bereits als Kantonsschülerin das Buch „Kraft in Farben“ als Abschlussarbeit publiziert. Für „ihre“ Landfrauen hatte sie eine überzeugende Idee: Sie begann Hände bei der Arbeit im Gemüsegarten und in der Küche zu porträtieren. Dürr zeigt ganzseitig Hände, die Kartoffeln schälen, Fleisch dressieren und Zöpfe flechten.

Elisabeth Dürr studiert nun – bodenständig – Ernährungswissenschaft in Bern. Vielleicht wird sie dann doch einmal Fotografin. Am Talent und an der  Begeisterung fehlt es der Zwanzigjährigen nicht.

Wer unser Lieblingsbild der Woche aufgenommen hat, können wir nicht näher eruieren. Der SonntagsBlick gibt auf den Seiten 4/5 nur einen Sammelhinweis wieder. Es stammt aus dem Angebot von Keystone und zeigt zwei Dreikäsehoch in Appenzellertracht an der traditionellen Viehschau, Stumpen paffend. Das sei so Brauch, wie das bleiche Gesicht nach dem Männlichkeitsritual vermutlich auch.

091011_frederic_mitterandDie Diskussion um Roman Polanski wurde in der People Presse rasch durch Andeutungen über sexuelle Präferenzen von Frédéric Mitterand überlagert. Bilder gibt es kaum, und wenn schon, dann in Denkerpose. Nach mehreren juristischen Verfahren, die auch unsere Westschschweizer Presse zu spüren bekam, haben sich die französischen Illustrierten eine strikte Selbstzensur auferlegt. Die grosse Zeit der Paparazzi dürfte vorbei sein. (Bildnachweis: Paris Match).

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