Nein, mit «den Schlümpfen» sind nicht die Comic-Figuren des belgischen Zeichners Peyo gemeint, sondern das weltweit grösste Automuseum der Gebrüder Schlumpf im elsässischen Mulhouse. Wir haben dorthin die neue Canon G1 X II mitgenommen, um die beräderten Kostbarkeiten und ihre Details zu fotografieren.
Es gibt viele Dinge, die man immer mal machen wollte, und dazu gehörte bis vor kurzem der Besuch des Automuseums in Mulhouse. Und anderseits sucht man auch immer wieder nach interessanten Motiven, um mit einer Testkamera nicht nur stereotype Testmotive aufzunehmen, sondern eben auch mal praxisentsprechende Motive, an denen man zudem noch seinen persönlichen Spass hat. Die kostbarste Autosammlung Europas bot dazu eine ideale Gelegenheit.
Die schönste Autosammlung Europas
Die Geschichte des «Nationalen Automobilmuseum, Sammlung Schlumpf –Cité de l’Automobile», wie das Museum mit vollem Namen heisst, hat eine spannende Geschichte hinter sich. Der ehemalige Textilbetrieb beginnt 1935 zurück und wurde von den Gebrüdern Fritz und Hans Schlumpf betrieben. Nachdem die frühere Inhaberin Jeanne Schlumpf gestorben war, begann 1957 Fritz Schlumpf mit dem Kauf historischer Automobile, mit Bugatti als Spezialgebiet. In den 1960er-Jahren nahm die Sammelleidenschaft plötzlich groteske Ausmasse an, in dem die Gebrüder Schlumpf über Strohmänner weltweit mehr als 200 rare Fahrzeuge ankauften. Im Geheimen wurden von der «Textilfirma» etwa ein Dutzend Spezialisten angestellt, welche hinter verschlossenen Türen die Oldtimer technisch und optisch fachgerecht restaurierten. Zum Schluss stand eine Sammlung mit über 400 kostbarsten Modellen da – bis der Schwindel über einen Artikel in einer Tageszeitung allmählich ruchbar wird.
Nicht zuletzt unter dem Druck der Angestellten sowie der Öffentlichkeit beginnt Fritz Schlumpf die Sammlung teilweise seinen Mitarbeitern und dem Publikum zugänglich zu machen, indem er 17’000 Quadratmeter der Lagerhallen des Textilbetriebs für «sein» Automobilmuseum umnutzte. Das schaffte vor allem bei der Belegschaft der Spinnerei Unmut, der 1976 in einem Streik der Belegschaft gipfelte. Die Gebrüder Schlumpf versuchten die Sammlung für einen Franc zu verkaufen, was ihnen nicht gelang, so dass sie nach Basel flüchteten und nie wieder Frankreich betreten durften. Die lange Geschichte endet kurz damit, dass die Hallen von den Arbeitern besetzt und dass letztlich die Sammlung als «Historisches Monument» vom Staat übernommen wurde. Seither gibt es in Mulhouse keine Textilfabrik mehr, dafür das schönste und grösste Automobilmuseum der Welt, das jedes Jahr zwei Millionen Besucher verzeichnen kann.
Fotografieren im Museum
Entgegen anderen Museen ist hier das Fotografieren nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich erwünscht. Nichts ist für die Sammlung eine bessere Werbung als wenn ambitionierte Fotografen die sorgsam ausgestellten Raritäten fotografieren und ihre besten Bilder davon in die Welt hinaustragen. Allerdings: Stative sind hier nicht gerne gesehen, weil ein unachtsamer Umgang damit zu Schäden an den blitzblanken Exponaten führen könnte.
Blitzen darf man natürlich – aber ich frage mich weshalb, weil die Lichtverhältnisse in der riesigen Ausstellungshalle geradezu optimal sind. Zudem sind in der Bugatti-Halle die kostbarsten Stücke, darunter zwei Bugatti Royale mit einem Schätzwert von je 12 Millionen Euro, so effektvoll beleuchtet sind, dass jeder Blitz die imposante Lichtstimmung zu Nichte machen würde.
Die Sammlung deckt alle Zeitepochen des Automobilbaus ab, von 1895 bis heute. Allerdings haben sich die Gebrüder Schlumpf, einmal abgesehen von den insgesamt 84 (!) Original-Bugattis, in erster Linie auf französische und in zweiter auf europäische Modelle konzentriert – an amerikanischen Fahrzeugen zeigten sie grundsätzlich gar kein Interesse.
Die Motive sind eine Augenweide, vor allen, weil sie absolut realistisch in 27 Strassenblöcken und alleeartiger Umgebung ausgestellt, bzw. «geparkt» sind. Jedes Auto ist übrigens auf Fahrtüchtigkeit restauriert und unterhalten, und einige Exponate sind interaktiv und können von den Besuchern für bestimmte Experimente genutzt werden. Langweile kommt hier nicht auf – auch nicht beim Fotografieren …
Die Anzahl der Motive ist uferlos. Hier kommt einerseits die Weitwinkeltauglichkeit der Canon G1 X II mit den 24 mm für Übersichtsaufnahmen ebenso zur Geltung wie die Telefunktion, welche einem 120mm Kleinbildobjektiv entsprechen würde. Hinzu kommt die Nahgrenze von fünf Zentimetern, um kleinste Details aufzunehmen – doch so nahe darf man an die makellos Lackierten gar nicht heran.
Übersichtsaufnahmen wird man in der Autolandschaft schon bald genug gemacht haben, so dass ich mich thematisch auf Details konzentriere – auf Fahrzeugfronten und Kühlerfiguren zum Beispiel, die früher ein besonderes Kulturgut waren und heute fast gänzlich aus dem Strassenbild verschwunden sind, oder auf Markenembleme, von denen viele längst in die Vergessenheit geraten sind.
Hier kommen die beiden Frontringe der G1 X II ins Spiel. Über den einen steuere ich die Belichtungskorrektur und spare mir damit eine Menge Zeit bei der Bildnachbearbeitung, am anderen stelle ich manuell scharf, falls die an sich schnelle automatische Fokussierung an einer glänzenden Lackfläche verzweifelt nach einer brauchbaren Kontur sucht.
Das Zwei-Ring-Konzept bewährt sich, obwohl man sich dieses von den früheren G-Modellen her noch nicht gewohnt ist.
Auch das Rauschverhalten mit den grösseren Pixeln als bei der G16 verblüfft, gerade in der Bugatti-Halle, wo die Fahrzeuge mehrheitlich nachtschwarz, dafür aber effektvoll beleuchtet sind. Hier gibt es natürlich nicht nur Bugattis, sondern ebenso feine Rolls-Royce, Maybachs, Mercedes und viele andere zu bestaunende Nobelkarossen.
Und genau hier – mitten im Fotospass – blinkt das Ende der Akkukapazität. 279 Bilder hatte ich geschossen, viele davon wahrscheinlich zu häufig angeschaut und meinem mitfotografierenden Begleiter gezeigt, dann war das Vergnügen abrupt zu Ende und vorbei.
Quintessenz: Die G1 X II braucht relativ viel Strom und die Akkukapazität schwächer als bei anderen Kameras dieser Klasse. Deshalb mein Rat: Gleich einen Zweitakku mitkaufen.
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Diaschau mit weiteren Impressionen aus dem Automobilmuseum Mulhouse
Immerhin, die 279 Bilder sind nicht nur eine tolle Erinnerung an den Besuch in Mulhouse, sondern sie lassen sich vielleicht teilweise auch andersweitig publizistisch verwenden, denn die Motive sind einzigartig, die Bilder qualitativ tadellos und durchaus mit Spiegelreflexqualität zu vergleichen.
Und nun zur Kamera
Mit der G1 X Mark II, die erstmals auf der CP+ 2014 in Yokohama präsentiert wurde, bricht Canon mit der bisherigen Konzept- und Deslignlinie der G-Kameras: Wegfall des Durchsichtssuchers und neues Bedienkonzept mit zwei programmierbaren Frontringen – einer davon gerastet für die Belichtungskorrektur oder die Zeit-/Blendeneinstellung und einer ungerastet, beispielsweise für die manuelle Fokussierung. Hinzu kommt ein eleganteres und «aufgeräumteres» Design. Letzteres ist positiv zu bewerten: Die Kamera sieht eindeutig besser und zeitgemässer aus.
Der Wegfall des Zoomsuchers ist kein Verlust. Seit G10 zeigen die Suchers aller G-Modelle etwa 30% zu wenig an – und dies erst noch dezentral (siehe Erfahrungsbericht G16 ). Und für die Aufnahmen auf Gletscher und am Strand liefert Canon den elektronischen Sucher EVF-DC1, der nicht nur optisch top ist, sondern auch noch nach oben schwenkbar. Das Bedienkonzept mit den beiden Frontringen ist etwas gewöhnungsbedürftig. Viele G-Fotografen hatten gerade die ergonomische Belichtungskorrektur auf der Oberseite früherer G-Modelle sehr geschätzt.
Clevere Lösungen: Zweiring-Einstellung, selfietauglicher Klappmonitor, Kobra-Blitz und elektronischer Sucher
Ferner ist die G1 X II klobiger und schwerer geworden, was zu verschmerzen und letztlich der Preis für das neue, lichtstärkere (1:2,0-3,9) Objektiv mit dem grösseren Zoombereich von KB-entsprechenden 24-120mm ist. Übrigens täuscht der Eindruck, die G1X-II sei wegen der höheren Lichtstärke grösser und schwerer als das Vorgängermodell G1X, wie man aus der untenstehenden Vergleichstabelle sieht. Nur die G16 war gute 170 Gramm leichter und rund 60% kompakter, dafür musste man sich mit einem fingernagelgrossen 1/1,7″-Sensor begnügen – eine Grösse, die wahrscheinlich definitiv der Vergangenheit angehört.
Der Brennweitenvergleich:
24 mm (+100% Ausschnitt)
120 mm (+100% Ausschnitt)
120 mm + 4x Digitalzoom (+100% Ausschnitt)
Alles in allem eine sehr empfehlenswerte Kamera für Nutzer, denen die Kameragrösse eine untergeordnete Rolle spielt, denn in die Jackentaschen passt sie kaum noch. Hingegen spielen die optischen Qualitäten mit der hohen Lichtstärke, den grösseren Zoombereich und dem hervorragenden Rauschverhalten die erste Geige.
Das Rauschverhalten der Canon PowerShot G1 X Mark II
Die G1X-II ist zweifellos der Schritt in die richtige Richtung, um die Smartphone-Konkurrenz weit abzuhängen: Weniger Auflösung (mehr als 12 Megapixel braucht man kaum), grosser Sensor mit grösseren Pixeln (und dadurch mehr Dynamikumfang) und ein lichtstärkeres Objektiv mit einem vernünftigen fünffachen Brennweitenbereich. Dadurch werden die Kameras zwar etwas grösser und schwerer, doch investiert man das Mehrgewicht in eine bessere Bildqualität..
Text und Bilder: Urs Tillmanns
Wichtige Links
• Erstvorstellung der Canon G1 X II auf new.fotointern.ch
• Produkteseite von www.canon.ch
• Informationen über das Automobilmuseum in Mulhouse und auf Wikipedia
Die Powershot G1X-II und ihre Vorgängermodelle | |||
G1X-II
|
G1X
|
G16
|
|
Auflösung Mpix | 12,8 | 14,3 | 12,1 |
Sensorgrösse | 1,5″ 18,7×14,0 | 1,5″ 18,7×14,0 | 1/1,7″, 7,4×5,6 |
Anzahl Pixel | 4160 x 3120 | 4352 x 3264 | 4000 x 3000 |
Video | 1920×1080 (30 fps) 1280 x 720 (30fps) 640×480 (30fps) |
1920×1080 (24 fps) 1280 x 720 (30fps) 640×480 (30fps) |
1920×1080 (60/30 fps) 1280 x 720 (30fps) 640×480 (30fps) |
Lichtstärke | 1:2,0-3,9 | 1:2,8-5,8 | 1:1,8-2,8 |
Zoom | 5x | 4x | 5x |
entspr KB | 24-120 mm | 28-112 mm | 28-140 mm |
Digitalzoom | 4x | 4x | 4x |
ISO | 100-12800 | 100-12800 | 80-12800 |
Display | 3″, 1’040’000px | 3″, 920’000px | 3″, 922000px, fix |
Nahgrenze | 5 cm | 20 cm | 1 cm |
Verschlusszeiten | 60-1/4000 s | 60-1/4000 s | 15-1/4000 s |
Akkukapazität | 240 Bilder | 250 Bilder | 360 Bilder |
Grösse mm /mm3 | 116x74x66 566544 |
117x81x65 616005 |
109x59x29 189499 |
Gewicht | 553 g | 534 g | 365 g |
.
Das erinnert mich an meinen ersten Besuch den ich seit jahrzehnten immer wieder aufgeschoben hatte.
Urs, hast du teilweise Blitz zugeschaltet?
Genau so attraktiv wie das Automobilmuseum ist das nationale Eisenbahnmuseum in Mulhouse.
Auch so schön ausgeleuchtet Simon?