Seit kurzem befindet sich die Leica des schweizerisch-amerikanischen Fotografen Robert Frank im Kameramuseum Vevey. Wie es dazu kam, welche Bedeutung die Kamera im Schaffen von Robert Frank zukommt, und welche anderen legendärne Kameras neben der Leica von Robert Frank im Kameramuseum Vevey zu sehen sind, lesen Sie hier.
«Es geschehen in einem Museum manchmal aussergewöhnliche Dinge», erzählt Pascale Bonnard-Yersin, Konservatorin des Schweizer Kameramuseums in Vevey. «Anlässlich der Vernissage der Ausstellung von Peter Olpe stellte er uns seinen langjährigen Freund Dadi Wirz vor, der uns erklärte, er wolle dem Museum ein Geschenk machen: Die Leica, mit der Robert Frank sein berühmtes Buch ‚Die Amerikaner‘ fotografiert hatte».
Dadi Wirz ist nach seiner Ausbildung an der Basler Kunstgewerbeschule für fünfzehn Jahre nach Amerika gezogen, um dort junge Leute im Tiefdruck zu unterrichten. Auch hat er einen Film über das Leben seines Vaters Paul Wirz (1892-1955) gedreht, der in Neu-Guinea lebte und auch dort gestorben ist. Sein Vater wurde in Moskau geboren und erforschte das Leben der Bevölkerung in Papua, wobei er viele ethnologisch wertvolle Objekte an Institutionen vermitteln konnte, zum Beispiel an das Basler Kunstmuseum. In seiner Sammlung befanden sich auch viele Fotografien sowie andere Kulturdokumente.
1955 präsentierte Dadi Wirz seinen Film im Völkerkundemuseum New York und begegnet dort Robert Frank. Es entsteht daraus eine Freundschaft, und fünf Jahre danach übergab ihm Robert Frank seine alte Leica, damit er «in Neu-Guinea die nächsten Fotos zu machen könne»
Es handelt sich um eine Leica 3 (Modell F) aus dem Jahre 1934, welche die Fabrikationsnummer 132545 trägt und mit einem Nikkor-S.O. 1:1,4/50mm Nr. 331845 bestückt ist. Es ist nicht irgendeine Leica, sondern es ist genau die Kamera, mit der Robert Frank seine Reportagen zu seinem Buch «Die Amerikaner» fotografiert hatte. Das Kameramuseum hat sich danach bemüht, ein Exemplar dieses berühmten Buches, welches 1958 in Delpire-Verlag erschien, zu erstehen, und so sehen wir heute die authentischen Bilder in der gleichen Vitrine neben der geschichtsträchtigen Kamera.
Robert Frank wurde 1924 geboren und verbrachte seine Jugendjahre in der Schweiz und nahm als Sohn jüdischer Eltern 1945 die Schweizer Staatsbürgerschaft an. Schon früh befasste er sich intensiv mit der Fotografie, die bald zu seinem Beruf wurde. Nach einer ersten Reise 1948 nach Peru verbrachte er einige Jahre in Europa und in den USA, wo er das Leben der Amerikaner beobachtet. 1953 erhielt er einen Förderpreis der Stiftung Guggenheim, um die Zivilisation der Amerikaner zu dokumentieren. Dazu beschaffte er sich eine Leica und bereiste damit die Vereinigten Staaten vom April 1955 bis Juni 1956, um Tausende Fotos zu machen. Das Werk, das daraus resultierte, ist das Buch «Die Amerikaner», das 1958 im Verlag Delpire erschien und ein später in einer amerikanischen Ausgabe mit einem Vorwort von Jack Kerouac herauskam.
Das Buch gilt heute als Kulturdokument, und es zeigt eine neue Art der Fotografie, die spontan und instinktiv ist, frei von technischen oder ästhetischen Aspekten.
Nach 1960 befasste sich Robert Frank intensiv mit Filmen, er übersiedelt nach Kanada und nutzt immer häufiger die Polaroid-Kamera für seine spontane Fotografie.
Heute hat die Leica von Robert Frank einen Ehrenplatz im Kameramuseum Vevey und trifft dort die Rolleiflex von Hans Finsler, die Dreifarbenkamera Devin, welche Werner Bischof benutzte, oder die Sinar-Fachkamera, welche Getrud Fehr, die Begründerin der Fotoschule Vevey verwendete, ohne die Leica ihres Kollegen Hermann König zu vergessen.
Alle diese seltenen, legendären Kameras sind im Kameramuseum in Vevey zu besichtigen. Weitere Informationen über das Kameramuseum finden Sie unter www.cameramuseum.ch
Schweizer Kameramuseum
Grande Place 99
1800 Vevey
Tel 021 925 34 80
Öffnungszeiten: von Dienstag bis Sonntag von 11.00 bis 17.30 Uhr Montags geschlossen (ausser Ostermontag, Pfingstmontag, Eidg.Bettag und Feiertage, die auf einen Montag fallen). Das Museum ist am 25. Dezember und am 1.Januar geschlossen
Da liegen sie nun in den Vitrinen vor sich hin, neben den Sinarts und Rolleiern!