Urs Tillmanns, 12. August 2013, 11:00 Uhr

Google sucht die Zusammenarbeit mit Fotografen

Google stellt derzeit ein neues Projekt auf die Beine, das für Fotografen einen interessanten Mehrumsatz bringen könnte. Nach Street-View gewährt der Internetgigant jetzt auch Einblick in Restaurants und Verkaufsläden und zählt dabei auf die Mitarbeit freier Fotografen. Das ist keine Zukunftsmusik, denn interessierte Fotografen können sich bereits jetzt bei Google zertifizieren.

 

Der Internetgigant aus Kalifornien beginnt sich jetzt auch in Europa mit Google-Business-Photo-Projekt warmzulaufen. Mit Maps und Street View bewegten sich die Google-Projekte noch zumeist im öffentlichen Raum. Nachdem man mit dem Art Project in die Museen geht, deren Bestände digitalisiert und mit Google Books die Welt der Bibliotheken virtualisiert, beginnen derzeit hierzulande die Innenraum-Aufnahmen von Restaurants und Ladengeschäften.

Wie bei Street View, werden die Aufnahmen als 360°-Panoramen umgesetzt, in welchen sich der Betrachter dann weitgehend frei online bewegen kann. Das für die Panoramen benötigte Bildmaterial wird dabei von Fotografen vor Ort erstellt und dann Google kostenfrei zur Nutzung zu Verfügung gestellt. Google gibt bei diesem Verfahren lediglich die Rahmenbedingungen vor und legt das Prozedere für die Aufnahmen einschliesslich des zu verwendenden Aufnahme-Equipments fest, damit die Bilder dann ohne Probleme zu den gewünschten Panoramen montiert werden können.

Google Business Photo

Für freie Fotografen und Agenturen bietet sich hierbei die Möglichkeit, im Rahmen der Zertifizierung durch Google einerseits den vorhandenen Kunden eine neue, gut vernetzte Plattform für Bilder aus ihren Unternehmen anzubieten, andererseits auch über den vorhandenen Kundenstamm hinaus zusätzliche Kunden zu gewinnen. Noch ist Google Business Photo nicht freigeschaltet, für Fotografen und Agenturen gibt es jedoch schon jetzt in verschiedenen Regionen die Möglichkeit sich für eine Zertifizierung zu bewerben. Nach dem erfolgreichen Abschluss des von Google festgelegten Zertifizierungsverfahrens darf sich der Fotograf als von Google für das Business-Photo-Projekt zertifiziert bezeichen.

Google Street View Badge

Mit der zwingenden Zertifizierung legt Google einen technischen Standard fest, der einerseits die Qualität der Bilder sichert, anderseits auch dazu beitragen kann, dass die Zahl der zertifizierten Fotografen in einem überschaubaren Rahmen bleibt und nicht jeder Freizeitfotograf letztlich die Preise verdirbt. Bei Google werden zwar seit Street View in einem weitgehend automatisierten Prozess aufgenommene Gesichter und Fahrzeugkennzeichen verwischt, in jedem Bild jedoch auch die Finger und Füsse des Fotografen herausrechnen zu müssen, sollte besser vermieden werden. Bei den für die extremen Weitwinkelaufnahmen üblichen Brennweiten von 8 mm gehört offensichtlich einige Erfahrung dazu, Füsse und Finger aus dem Bildwinkel Fischaugen-Objektivs zu nehmen.

Für Restaurantbetreiber und Ladenbesitzer bietet sich mit dem neuen Projekt die Möglichkeit ihre Räumlichkeiten dem interessierten Publikum in einer standardisierten und leicht bedienbaren Umgebung schon vorab bekannt zu machen, so dass der potentielle Kunde das Ambiente schon im Vorfeld eines geplanten Besuchs erkunden kann. Ja selbst die Speisekarte soll in Restaurants so fotografiert werden, dass sie am Bildschirm lesbar ist. Damit könnte man schon vorab seine Wahl treffen und mit der Tischreservierung im Restaurant auf Termin bestellen. Dies kann einerseits die Wartezeiten für den Gast verkürzen, andererseits die Kundenfrequenz für den Restaurantbetreiber erhöhen.

Google Business Photo

Noch hält sich das Interesse am Thema Google Business Photo in durchaus überschaubarem Rahmen, was sich nicht zuletzt an der geringen Zahl der Kommentare auf Beiträge zu Business Photo zeigt, was möglicherweise aber auch der Urlaubszeit geschuldet ist.

Für die Fototermine beim Kunden schätzt Google einen Zeitaufwand von weniger als zwei Stunden, was aufgrund der weitgehend standardisierten Abläufe in einem durchschnittlich grossen Ladenlokal oder Restaurant auch durchaus realistisch erscheint. Nach den Aufnahmen muss der Fotograf die Bilder dann innerhalb von drei Werktagen auf das Portal von Google hochladen.

Als Hilfestellung zur vertraglichen Strukturierung der Kundenbeziehung zwischen dem auftraggebenden Ladenbesitzer und dem Fotografen stellt Google ein entsprechendes Formblatt für eine «Vereinbarung über fotografische Dienstleistungen» zur Verfügung, mit dem sich Google auch gleich die Einräumung der Nutzungsrechte ermöglicht. Dass der Fotograf auch seine Urheberpersönlichkeitsrechte an solchen Fotos an den Auftraggeber übertragen soll, dürfte aufgrund der einschlägigen Rechtslage jedoch nicht realisierbar sein. Allenfalls der Verzicht auf Ansprüche aus den Urheberpersönlichkeitsrechten erscheint denkbar. Diese können nämlich jenseits von Honorarforderungen durch eine allfällige Bildbearbeitung beeinträchtigt werden, wenn die Aufnahmen des Fotografen so verändert werden, dass sie den Intentionen des Urhebers nicht mehr entsprechen. Nach den Vorstellungen von Google kann der Fotograf einzelne Aufnahmen zur Gewinnung weiterer Kunden für Google Business Photo in einer nicht exklusiven Lizenz einsetzen.

Google Business Photo

Bei der Frage nach dem Honorar hält sich Google übrigens in den Unterlagen vollständig zurück. Es sei Aufgabe des freien Fotografen, den Preis selbständig festzulegen. Falls Google mit den Aufnahmen nicht zufrieden ist, muss der Fotograf auf eigene Rechnung nachbessern. Sollte dies nicht zum Erfolg führen und Google die Aufnahmen dauerhaft ablehnen, ist der Fotograf nach der Vertragsvorlage von Google verpflichtet, dem Kunden das Honorar zurück zu erstatten. Als Frage bleibt, ob auch in diesem Fall die Nutzungsrechte beim Kunden verbleiben, so dass dieser das Bildmaterial weiterhin in seinem eigenen Online-Auftritt nutzen darf.

Es bleibt abzuwarten, ob einerseits Fotografen das Potential für die Gewinnung neuer Aufträge erkennen und andererseits auch die angesprochenen Unternehmen die Möglichkeiten einschätzen können, die ihnen durch eine Unternehmenspräsentation verfügbar sind, die auf den unterschiedlichsten Wegen erreichbar ist. Die vorgesehene Vernetzung des Angebots reicht von der gewöhnlichen Google-Suchmaschine über Google+ bis zu Maps und Street View.

Christoph Jehle

 

 

10 Kommentare zu “Google sucht die Zusammenarbeit mit Fotografen”

  1. Kommt mir eher so vor, dass Google nicht Fotografen, sondern Vertreter sucht, die noch Fotos machen,. Und alles natürlich auf eigenes unternehmerisches Risiko. Fehlt nur noch, dass man sich die nötige Ausrüstung bzw. dieses erwähnte spezielle Objektiv für viel Geld bei Google kaufen muss.
    Also die FAQs sind ja nicht wirklich informativ.

  2. So möchte also ein Gigant gratis zu Bildern kommen inklusive Urheberrecht. Toll. Es wird leider genug „Vertreter, wie Herr Klein treffend schreibt“ geben, die diesen Mist mitmachen und die Arbeit eines Fotografen damit ad absurdum führen. Die Marge streicht dann Google ein.

  3. Da schliess ich mich meinen 3 Vorreferenten an.
    Bleibt die Frage, was bringt es dem Fotografen, wenn er sich „Google zertifiziert“ nennen darf!?

    Fronarbeit?

  4. Man muss überhaupt nichts von Google kaufen. Im Gegenteil: Dies ist wirklich eine sehr gute Gelegenheit für freie Fotografen mit etwas Verkaufsgeschick. Ich bin gerade dabei, den Zertifizierungsprozeß zu durchlaufen und bin zufrieden mit den Aussichten.
    Wenn man zertifiziert ist, hat man gegenüber den Geschäften eine noch bessere Position. Und man bekommt weitere Funktionen, wird auf der Google Business Photos-Seite aufgelistet, etc.. Für mich ist das Ganze ziemlich überzeugend.

  5. Die Leute mit diesen Panoramamasten(ich wollte das bereits vor 20 jahren) sind auch bereits am verkaufen ihren ehemals teuren geräten. Die ganze zeit in der gegend herumstressen und dann herzinfarkt, IV. So ist die Realität. Und das alles unter dem Motto: Gier.
    Mit den Drohnen wird es genauso verlaufen. Es wird der Tag kommen wo eine solche eine Menschen tötet. Ein Modellflugzeug hat kürzlich seinen Piloten getötet. Deshalb ist bei der Bewilligungsbehörde BAZL der zweimotorige Personenheli auf der Prioritätenliste.

  6. Man kommt nicht an Google vorbei. Es ist spannend zu sehen wie immer neue Services unser Leben bereichern. Such und Wissensmaschinen, Google Earth, Streetview, Bergwandernview, Innenräumeview, Privaträumeview, Dauerfilmen und spionieren mit GoogleBrille und Nasenbildschirm, Computer die unserem langsamen Denken rasend schnell immer weiter voraus sind und alles über jeden sammeln. Google stiehlt die Welt. Es ist wie in Goethes Faust: der Pakt mit dem Teufel. Die Freiheit die wir durch all dies gewinnen, verlieren wir gleichzeitig. Ausgleich der Kräfte.

  7. Ein interessantes Geschäftsmodell …. wohl vor allem für Google.
    Vertreter, die keine Personalkosten verursachen, gehen zu Geschäften und machen denen (um von ihnen einen einmaligen Fotoauftrag zu erhalten) einen kostenpflichtigen, jahrelangen Auftritt auf den gelben Seiten von Google schmackhaft.
    Für Fotografen, die heute nichts zu tun haben und 30 Stunden pro Wochen (FAQ) aufbringen können, mag sich dies vielleicht lohnen, für Google sicher.
    Die Frage bleibt, was dies dem Geschäft ausser Werbungskosten bringt. Leute aus der weiten Welt, werden ja nicht wegen einem Panorama eines hübschen Lokals nach Hintertupfingen in ein Restaurant und in einen Kleiderladen gehen.

  8. All die unwirklichen verzerrten fisheye-panoramen sind ein Greuel. von natürlicher Abbildung keine Spur! Für Echt gute Panoramen brauchts Rotationskameras oder längere Brennweiten für mehrreihige Panoramen. Letztere für grosse auflösungen mit riesenaufwand.
    Die Panoramisten stöhnen bereits, das Stitchen(zusammensetzen mit allen Problemen) hängt ihnen zum hals raus.

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