Urs Tillmanns, 17. Oktober 2011, 09:00 Uhr

Thailand: Schwere Produktionsausfälle bei Nikon, Sony und Canon

Seit anfangs Oktober 2011 stehen viele Gebiete in Thailand unter Wasser. Zentrum der Flutkatastrophe ist das Industriegebiet von Ayutthaya, wo Canon, Nikon und Sony einen wichtigen Teil ihrer Kamera- und Druckerproduktion unterhalten. Wann die Werke wieder in Betrieb genommen werden können, steht noch nicht fest, doch könnte es zu ernsthaften Lieferengpässen kommen.

Rund 900 Industriefirmen sollen bislang von der Flutkatastrophe in Thailand betroffen sein, darunter viele Elektronikproduzenten und Zulieferfirmen der Automobilbranche. Aber auch einige Kamerafirmen gehören dazu, und wieder stehen die gleichen Marken in den Schlagzeilen, wie nach der Erdbebenkatastrophe vom 11. März 2011 in Japan, vor allem Nikon, Sony und Canon.

Rund ein Drittel von Thailand ist vom Hochwasser betroffen, darunter auch verschiedene Kamerahersteller, welche vor allem im Industriegebiet von Ayutthaya Produktionsstätten betreiben (aus Bangkok Post / Wochenblitz)

Die Flutkatastrophe nahm bereits am 4. Oktober 2011 ihren Lauf, als der Chao Phraya Fluss bei Wat Chaiwattanaram barst und die historische Hauptstadt Ayutthaya und die tiefergelegenen Industriegebiete Saha Rattana Nakorn, Rojana und Hi-Tech überflutete. Jetzt ist auch eine vierte Industrieanlage, Bang Pa-in, überschwemmt worden, wie gestern die Bangkok Post meldete. Dort sollen in 90 Firmen rund 60‘000 Arbeitende beschäftigt sein.

Wichtige Industriekomplexe, wie hier das Honda-Werk in Ayutthaya, stehen metertief unter Wasser.

Am stärksten und frühesten betroffen war die Gegend der historischen Hauptstadt Ayutthaya rund 70 Kilometer nördlich von Bangkok, wo der Rojana Industrial Park mit gegen 200 Fabriken und etwa 90‘000 Beschäftigten angesiedelt ist. Nikon meldete  am 11. Oktober 2011, dass das Erdgeschoss ihres Werkes überflutet sei, und dass die Produktion für einen unabsehbaren Zeitraum habe eingestellt werden müssen. Nikon stellt dort ca. 60% der Spiegelreflexkameras und 90% ihrer Objektive her.

Das ebenfalls in der Provinz Ayutthaya gelegene Werk von Sony, in welchem die NEX- und die SLT-Kameras gefertigt werden, ist bislang offensichtlich nur geringfügig von der Flutkatastrophe betroffen, doch ist das Werk für die Arbreitenden nicht erreichbar. Sony produziert hier mit 3‘300 Arbeitenden rund 260‘000 NEX- und Spiegelreflexkameras pro Monat, wie Asia.cnet anlässlich eines Besuches im November 2010 erfuhr. Im gleichen Gebiet ist auch die Canon Hi-Tech (Thailand) Ltd. domiziliert, die dort mit rund 9‘800 Angestellten Inkjet Printer fertigt. Canon soll in Erwägung ziehen, die Produktion in ein anderes Werk in Thailand sowie nach Vietnam  zu verlagern.

Wie photoscala.de recherchiert hat, sollen die Verbindungswege ins Industriegebiet Navanakorn in Klongnueng/Klongluang in der Provinz Pathumthani abgeschnitten sein, wo die Nidec Copal (Thailand) Co., Ltd. Verschlüsse und Fassungsteile für Objektive produziert. Die Industrieanlage selbst soll jedoch noch intakt sein, wie auch das thailändische Werk von Ricoh in Rayong, das etwa 140 km östlich von Bangkok liegt. Jedoch auch für alle noch intakten Werke ist die Produktions- und Zuliefersituation voraussichtlich noch auf unabsehbare Sicht hinaus kritisch, da die meisten Verkehrswege des Landes unpassierbar sind und viele Arbeitende bei der Flutkatastrophe zu Schaden gekommen sind.

Eine weitere Gefahr sind die Krokodile, die in Ayutthaya durch die Überschwemmungen freigekommen sind, sowie Schlangen und andere Wildtiere, die Menschen angreifen könnten. Es sind bereits Belohnungen für das Einfangen der Tiere ausgesetzt worden. Ferner treiben Plünderer ihr Unwesen, die weitgehend ungeahndet davon kommen, weil die Behörden mit der Situation überfordert sind und die wenigen zur Verfügung stehenden Boote für Hilfeleistungen benötigt werden.

Aber nicht nur Thailand ist von Überschwemmungen betroffen, sondern auch Laos, Vietnam und Kambodscha. Auch in diesen Ländern stehen weite Landstriche unter Wasser, doch sind dort kaum wirtschaftlich bedeutende Firmen betroffen, so dass es die Schäden und die Notlage der Bevölkerung nicht in die internationale Berichterstattung schaffen. Sollte die Überflutungsperiode im südasiatischen Raum länger andauern, so könnte die Nahrungsmittelversorgung in diesen Gebieten zu einem ernsthaften Problem werden.

Weitere aktuelle Informationen finden Sie bei Wochenblitz.com, der deutschen Zeitung für Thailand, sowie bei der Bangkok Post auf englisch.

 

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