David Meili, 12. Juni 2011, 10:50 Uhr

Dürre am Leutschenbach, Detektivreporter und Liebe zu Pfingsten

Pressespiegel zu Pfingsten vom 11./12. Juni 2011
Die Wettbewerbskommission (Weko) hat ein Verfahren gegen den Verband der Anbieter von Tonträgern in der Schweiz (IFPI) eingeleitet. Der Konflikt schwelte schon lange, denn Absprachen in der Branche waren ein offenes Geheimnis. Das Verfahren und ein möglicher Entscheid werden für die Medienbranche von grundsätzlicher Bedeutung sein. Ist es legal, bei einer staatlich verordneten Buchpreisbindung eine „offizielle“ Bestenliste zu publizieren, und wie steht es um Lizenzabgaben für Fotografien?
(An Stelle eines Symbolbilds: Versteckte Werbung für den Film „Fliegende Fische“ von Güzin Kar, an dem viele aus der Zürcher Fotoszene mitgearbeitet haben).

Die NZZamSonntag zeigt auf der Frontpage auf, wie SF an ZuschauerInnen verliert. Der Einbruch ist massiv, und dürfte noch dramatischer sein, wenn man Zielgruppen nach Kaufkraft einbezieht. Es zeigt sich vor allem im Raum Zürich ein demographischer Wandel. Die gut verdienenden ZuwanderInnen bevorzugen Deutsche Kanäle. Fernsehdirektor Rudolf Matter hat den Trend erkannt: Die genauen Zahlen (eines stets umstrittenen und kryptischen Messverfahrens) sind nun nur noch für Insider zugänglich. Der Sänger schweigt aus „Höflichkeit“.

In seiner hervorragenden Analyse auf Seite 25 der NZZamSonntag (muss man lesen) unterschlägt Francesco Benini einen anderen Trend. In unserem Umfeld schaut man immer weniger Fernsehen im trauten Heim. Man bezieht Ausschnitte aus Sendungen zeitverschoben, über iPad und Netbook. Dadurch entfällt auch die Unterbrecherwerbung, die es nach Einbruch des Abends bei ARD und ZDF nicht gibt. Durch die Verflechtung mit der Publisuisse hat es die SRG nie geschafft, in diesem Bereich ein tragfähiges Modell zu entwickeln. Sie sind die beiden grössten Medienkonzerne in unserem Kleinstaat.

Am Leutschenbach stehen viele vor der Pensionierung . Vielleicht hat das Medium eine kürzere Halbwertszeit als man denkt. Sie hoffen, dass sie in 3-5 Jahren aus der Tretmühle aussteigen können. Wir möchten die Situation in Genf nicht erwähnen. Verfolgt man Neuanstellungen und die Suche nach Personal, so baut die SRG ihr Internet-Angebot massiv aus. Das macht Sinn, und man ist Sendern wie arte und euronews weit hintennach. Vor allem euronews setzt immer mehr auf  Fotografie als Medium, nicht als Füller, doch als Denkpausen, um visuelle Eindrücke wahrzunehmen. Eine Entwicklung, die wir weiter verfolgen. Zudem sollen die FotografInnen von Lyon aus nicht schlecht bezahlt sein.

Für die Pressefotografie in der Schweiz ist die Entwicklung nicht ohne Folgen. Zunehmend werden Bildstrecken verlangt, doch Honorare sind Chefsache. In der Regel sind es Pauschalen, die oft unter dem Niveau der Spesen bezahlt werden. Fest angestellte FotografInnen gibt es kaum mehr.

Der Sonntag, sonst für seine Medienseite bekannt, hat nun ein App. Es (?) ist gratis für AbonnentInnen, sonst kostenpflichtig, dürfte kaum Erfolg haben. Leider füllt die Eigenwerbung die sonst lesenswerte Seite, und Kurt-Emil Merki rechnet in seinem Kommentar mit Frank Baumann ab. Kaum jemand hat wahrgenommen, dass Baumann eine neue Sendung hatte, vermutlich nur Merki. Dann finden wir auf Seite 49 ein Porträt von Abt Daniel Schönbächler im Kloster Disentis (Emanuel Freudiger). Abt Schönbächler trifft man gelegentlich an Kunstausstellungen, er ist eine aussergewöhnliche Persönlichkeit und sehr bewandert in Gegenwartskunst und Fotografie.

Der SonntagsBlick hat einen Tiefpunkt an Pfingsten erreicht. Wir gehen nicht auf Details ein. Sie haben einen obskuren Zukunftsforscher ausgegraben. Das Blettli erinnert an eine Satirenummer von Titanic. Dann kommt gruseliges Zeugs.

Sehr gut, wie stets, der SonntagsBlick Sport. Offensichtlich sind die Leute dort noch nicht davongelaufen. Morbid ist der People-Teil von Sonntags-Blick,  Jana Caniga hat Dieter Burkhalter geheiratet, und Ines Torelli feiert ihren 80. Geburtstag in Kanada und kehrt nie mehr in die Schweiz, nach Riedikon (persönliches Geheimnis)  zurück. Offensichtlich ist das Budget für People-Reportagen an der Dufourstrasse bereits vor Mitte Jahr erschöpft.

Ein seltsame Geschichte ereignete sich in St. Gallen und führte zu einer gewissen Schadenfreude in der Fotoszene. Mitte Mai publizierte der Blick einen Beitrag über zwei Taxifahrer, die angeblich betrunkene weiblich Fahrgäste vergewaltigt hatten. Die beiden Verdächtigten waren rasch entlastet, doch der Blick veröffentlichte nachträglich im Beitrag ihre Porträts. (Symbolbild, als Platzhalter nunmehr ausgewechselt, der Beitrag ist online gelöscht.)

Der entprechende Reporter (Name der Redaktion bekannt) hatte nicht mit dem Ersten Staatsanwalt des Kantons St. Gallen, Thomas Hansjakob gerechnet. Hansjakob wollte die Herkunft der Bilder herausfinden und liess als juristischer Spezialist auf diesem Gebiet Handydaten überprüfen. Die Beweiskette schloss sich rasch. Intermediär war  es ein Privatdetektiv, der zwischen Polizei und Blick einen Freundschaftsdienst erwies. Das Trio flog rasch auf.

Der Detektiv benutzte einen billigen Trick, indem er bei der Polizei angab, er habe nach den Tätern recherchiert, doch er brauche noch Vergleichsaufnahmen. Die erhielt er postwendend. Die nun laufenden Verfahren werden zu Diskussionen und vielleicht auch zu wegweisenden Entscheiden führen. Vermutlich würde der Detektivreporter diesen Freundschaftsdienst nie mehr leisten, und vor allem nicht gegen das Honorar, das herumgeboten wird. Es bewegt sich im Bereich eines guten Diners in St. Gallen, soweit das Gerücht stimmt. Thomas Hansjakob hat bereits ab Pfingsten 2011 genügend Material für eine griffige Vorlesung, über Persönlichkeitsschutz und so.

 Ebenfalls im Blick  ist die Pfingstreportage von Toini Lindroos. Nachdem die fünf Kinder aus der Familie mit dem langjährigen Kulturchef der Stadt Zürich,  Jean-Pierre Hoby flügge geworden sind, erfüllt sich seine kürzlich geschiedene Ehefrau Katharina Hoby ihre grosse Liebe mit einem Studienfreund. (Update: Aufnahme aus rechtlichen Gründen sowohl bei Blick Online wie bei fotointern.ch gelöscht.)

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