David Meili, 2. Oktober 2010, 09:29 Uhr

Fotostiftung Schweiz: Hugues de Wurstemberger und Ruth Erdt

Peter Pfrunder, Direktor der Fotostiftung Schweiz verfolgt seit Jahren ein Programm mit Ausstellungen zu Langzeitprojekten, die eines Tages vielleicht in den Archivbestand einfliessen werden. Huges de Wurstemberger (1955) und Ruth Erdt (1965) sind noch weit von einer Musealisierung entfernt und arbeiten weiterhin an ihren Langzeitprojekten. Doch der Akzent, den Peter Pfrunder und Sylvie Hengeley als Kuratorin setzen, zeigt eine bis anhin verkannte Tendenz in der Gegenwartsfotografie auf.

Auf einen ersten Blick haben die beiden Projekt- und Werkschauen wenig gemeinsam. Hugues de Wurstemberger ist in der Schweiz vor allem als Reportagefotograf bekannt und lebt seit über dreissig Jahren in Brüssel. Ruth Erdt kommt aus der Welt der konzeptionellen Kunst. Ihre ersten Bilder sind im Kopf entstanden und erst schrittweise hat sie diese mit der Kamera umgesetzt und ihre eigene Bildsprache entwickelt.

Gemeinsam ist die Auseinandersetzung mit der Familie, der Intimität im Umfeld der Beziehungen. Bereits mit 17 Jahren begann Erdt Menschen im Schlaf zu fotografieren (Publikation 2009). Es sind Langzeitprojekte, in denen die Künstlerin immer wieder auf alte Bilder zurückgreift und Assoziationen aufbaut. In der aktuellen Ausstellung baut sie unter dem Titel Die Lügner aus Aufnahmen von über 25 Jahren eine kleine Ausstellung und eine grossartige Projektion auf.

Die Doppelprojektion setzt einen Gegenakzent zu den Prints. Innerhalb von zehn Minuten entsteht eine Art Schlaufe, in die man auch mehr als nur einmal eintauchen kann. Begleitet wird man von einem akustischen Umfeld. Doch das ist weit mehr, als in der Pressemeldung angekündigt. Der Komponist und Konszeprkünstler Marc Zeier ergänzt die Bilder und schafft eine atmosphärische Verdichtung, wie man sie bei vergleichbaren Projekten kaum erlebt hat.

Hugues de Wurstemberger ging mit Pauline & Pierre einen ganz anderen Weg. Es ist eine „lückenhafte“ Familienchronik, deren erster Ansatz die Geburt von Tochter Pauline war. de Wurstemberger war oft unterwegs, und  die Bilder sind persönliche Erinnerungen an Momente der Intimität.

H2W wie sich der Fotograf mit dem komplizierten Namen nennt, bringt seine Themen Landschaften und Menschen in direkten Bezug zur Geschichte seiner Familie. Bereits während seinem Dienst bei der Schweizer Garde begann er mit dem Aufbau eines persönlichen Fototagebuchs. Wie bei Erdt durchmischen sich die Bilder der unterschiedlichen Lebenserfahrungen, als Reporter, Landschaftsfotograf und Familienvater.

Für die beiden perfekt ineinander gefügten Ausstellungen soll man sich Zeit nehmen. Sie werden durch Künstlergespäche und ein museumspädagogisches Programm ergänzt.

Hugues de Wurstemberger: Pauline & Pierre
Ruth Erdt: Die Lügner
Fotostiftung Schweiz, Winterthur. Bis 13. Februar 2011

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