Man musste einfach zuhören und staunen … Er verstand es, seine Zuhörerinnen und Zuhörer zu fesseln. Er half ihnen die Bilder zu verstehen, mehr darin zu sehen, die da in den Räumen des Kornhausforums gezeigt wurden. Bernhard Giger, bis vor Kurzem Leiter dieses Hauses, bringt es auf den Punkt und vermittelt in seinen Referaten viel Unbekanntes, Authentisches und Wissenswertes über die Ausstellungen, die er jeweils mit einer blenden Laudatio eröffnete.
Ob es ein historischer Rückblick in die Anfänge der Fotografie in Bern mit Carl Durheim ist, ob er die Nikonos-Bilder von Hansueli Trachsel kommentiert, Hintergründe zu Tomas Wüthrich «The last Penan Nomads» preisgibt oder in die «Magie der Schiene» von René Groebli einführt – man steht da und hört einfach zu. Mucksmäuschenstill – damit man ja kein Wort verpasse.
Berhard Giger hat in seinen «Referaten über Fotografie» zu den Ausstellungen von 24 Fotografen von 2009 bis 2020 ein Wissen vermittelt, das der Nachwelt erhalten bleiben müsste – und das tut es nun, weil in der Edition Clandestin genau dieser Fundus in Buchform erschienen ist. Es ist eine Wissensquelle erster Güte, in welcher das Lesen nicht nur Spass macht, sondern auch eine echte Bereicherung ist – eine Erinnerung an Bilder, die man damals im Kornhausforum gesehen hatte und die jetzt, beim Lesen der Einführungsreferate von Bernhard Giger, plötzlich wieder wach werden. Man sieht sie vor sich, die Reportagebilder eines Walter Studer, die Porträts eines Jean Moeglé, die Ikonen von Robert Frank oder die Flüchtlingsbilder von Jan Zychlinski.
Was uns dabei fehlt, ist die eindrucksvolle Rhetorik von Bernhard Giger, seine Fähigkeit, das Publikum mit seiner freien Redensart zu fesseln und dieses auf gekonnte Art auf jene Aspekte der Bilder zu lenken, die ihm wichtig schienen. Er hatte die Gabe, seinen Besucherinnen und Besuchern viele zusätzliche Informationen mündlich weiterzugeben, die oft notwendig waren, um die Bilder überhaupt, oder vor allem besser, zu verstehen.
Das kleine schwarze Büchlein mit seinem unscheinbaren und unauffälligen Titel mit glänzendem Drucklack auf mattem Papier bekommt in meiner Literatursammlung einen besonderen Platz – weil ich es sicher oft wieder zur Hand nehmen werde. Nicht nur, um über einen bestimmten Fotografen etwas zu erfahren, sondern ganz einfach, um mich zu unterhalten und gedanklich in die eine oder andere Ausstellung abschweifen zu können, die ich dann plötzlich wieder vor mir sehe. Danke Bernhard …
Urs Tillmanns
Buchbeschreibung des Verlages
24 Referate sind in diesem Buch nun versammelt und thematisieren, wie die Fotografie in die Welt gekommen ist und was die Menschen mit ihr gemacht haben. Zwischen 2009–2020 spannte Bernhard Giger in seinen Ausstellungen im Kornhausforum Bern einen Bogen von den Anfängen der Berner Fotografie-Geschichte bis zu den aktuellen Grenzgängen zwischen Dokumentarismus und Kunst.
Der Inhalt
Ein bernisches Kompendium «über Fotografie», Vorwort von Christoph Reichenau
Walter Nydegger (1912-1986)
Albert Winkler (1923-1978)
Walter Studer (1918-1986)
Hansueli Trachsel – Nikos
Jürg Hafen – Fotograf und Szenegänger
Reto Camenisch – Porträts
Jean Moegle (1853-1938) Fotopionier
Augusta Flückiger (1868-1942) Die erste freie Fotogratin
Carl Durheim (1810-1890) Wie die Fotografie nach Bern kam
Werner Schwarz (1918-1994} Fotografien
Lebenszeichen – 9 Fotografinnen aus Deutschland und der Schweiz
Jan Zychlinski – Jenseits der Grenzen
Rene Groebli – Magie der Schiene
Peter Dammann (1950-2015) Fotoreportagen
Alexander Jaquemet – Lieu
Jürg Ramseier – Und er my skin
Nicola Schmid – Berner Nächte
Margrit und Ernst Baumann
Pio Corradi (1940- 2019)
Robert Frank (1924-2019)
Tomas Wüthrich – The last Penan Nomads
Der zweite Blick – Police Bern, Reportage Studiengang redaktionelle Fotografie MAZ Luzern
Nadja Frey – Porträts
Sichtweisen – Brigitte Lustenberger, Alexander Jaquemet, Caspar Martig, Martin Guggisberg
Gigers Foto-Auge – Eine kleine Hommage, Nachwort von Konrad Tobler
Literatur
Der Autor
Bernhard Giger, geb. 1952, Fotografenlehre bei Albert Winkler, ab 1972 selbstständiger Fotograf vor allem im Kunst- und Theaterbereich. 1973–1981 Programmmitarbeiter Kellerkino Bern; 1979–1996 Redaktor Medien und Kultur «Der Bund», 1996–2006 Ressortleiter Kultur, danach Stadt «Berner Zeitung», Mitglied Chefredaktion. Ab 1981 Spiel- und Dokumentarfilme für Kino und Fernsehen, u.a. «Winterstadt» (1981), «Der Gemeindepräsident» (1984), «Tage des Zweifels» (1991), Tatort-Folgen «Gehirnwäsche» (1992) / «Time-out» (2001), «Oeschenen» (2004), «Herz im Emmental» (2012). Von 2009 bis 2020 Leiter des Kornhausforum Bern.
Bibliografie
Bernhard Giger «Referate über Fotografie 2009 – 2020»
144 Seiten, broschiert mit losem Umschlag
Format 148 x 200 mm, Herbst 2020
mit einem Vorwort von Christoph Reichenau
und einem Nachwort von Konrad Tobler
Gestaltung: Elisabeth Schwarzenbeck
Herausgeber: Kornhaus Bern
Verlag: Edition Clandestin, Biel
Preis: CHF 35.00 / EUR 35.00
ISBN 978-3-907262-15-3
Das Buch kann im Buchhandel gekauft, beim Verlag direkt bestellt oder im Ausland hier geordert werden.