David Meili, 25. April 2010, 09:25 Uhr

Datenschutz beim Marathon, Lolitas und unsere Sumo-Ringer

Pressespiegel zum Wochenende vom 24./25. April 2010
Total Digital
ist der Aufhänger für das magazin zum SonntagsBlick. Nicolas Righetti hat zum Text von Peter Hossli Jugendliche aus Olten in Szene gesetzt. Schon wieder Hossli, denken unsere Online-Komsumenten. Es ist einfach schwierig, zur Zeit bessere Reportagen zu finden. (Aufnahme: Nicolas Righetti)

Die Diskussionen in unserem Forum und auf Facebook zeigen deutlich,  weshalb. Nur wenige Medien in der Deutschschweiz (SF DRS lobend erwähnt) bieten eine Plattform für sorgfältig recherchierte, vertiefte Text-/Bildreportagen. Der Tages-Anzeiger gewinnt zunehmend mit  Textbeiträgen neue Leser/innen, die hohe Ansprüche an journalistische Qualität stellen. Nur hinkt das Bildmaterial etwas hinten nach, weil guten Textjournalisten oft der Bezug zur professionellen Fotografie fehlt, oder dann doch am Bild gespart wird.

Michael Würtemberg zeigt im magazin zum SonntagsBlick Bilder von Yasmine-Mélanie. So wünscht man sich People und Events. Sabine Wunderlin kann das auch, doch es muss sehr frustrierend sein, Woche für Woche seine Aufnahmen briefmarkengross und zerstückelt auf den letzten Doppelseiten im SonntagsBlick zu sehen. Soll der Leser doch die SI oder die Illustré kaufen um alle vier Wochen noch mehr Papier vor die Haustüre tragen zu müssen, denkt man sich an der Dufourstrasse.

Interessante Perspektiven wirft ein Beitrag von Romina Lenzlinger  im SonntagsBlick auf (Seite 6/7). Nachdem ein nicht sehr vorteilhaftes Bild des Stadtzürcher „Sportministers“ Gerold Lauber vom Zürich Marathon im Netz aufgetreten ist, verurteilt der nationale Datenschützer Hanspeter Thür diese Publikation. Er bewegt sich damit juristisch auf dünnem Eis. Würden seine Vorgaben konsequent umgesetzt, so dürften auch Pressebilder und Fernsehübertragungen von vergleichbaren Sportanlässen, wie dem „Engadiner“  in Frage gestellt sein.

Im Hintergrund der Debatte steht die wechselweise Profilierung des Eidgenössischen Datenschützers Hanspeter Thür und des Kantonalen Datenschützers Bruno Bäriswyl, dessen Gehalt kürzlich vom Parlament des Kantons Zürich plafoniert wurde. Es wäre an der Zeit, dass sich die Fachorganisationen der Pressefotografie und die Gewerkschaften  mit diesen Themen auseinander-setzen und sich mit den Datenschützern zusammen-setzen würden. Da braut sich etwas zusammen.

DAS MAGAZIN beschäftigt sich mit dem Enigma Rudolf Merz. Andrea Ventura hat das Porträt durch eine überarbeitet Fotografie im Stil von Andy Warhol illustriert.  Auf Seiten 16/17  findet sich die Meglisalp, hinterlagert von Schneebergen. Man ist etwas irritiert, denn das ist ja eine Fotografie und keine Illustration, blättert nach vorne und zurück und findet den Bildnachweis für Raffael Waldner. Waldner kann nichts dafür, dass die überdies grossartige Aufnahme den Kanton Appenzell Innerrhoden repräsentiert (wie in der Legende korrekt erwähnt wird).

Ein durchaus auch für Fotografen lesenswerter Beitrag vermittelt Miklós Gimes in einem Interview mit dem Psychoanalytiker Jürg Aklin über Sexualität zwischen Kindern und Erwachsenen, – oder zwischen Abhängigen und ihren Förderern. Die aktuelle Diskussion betrifft nicht nur Priester und Pädagogen. Der Weg zum „Next Topmodel“  und zum Casting läuft oft über Fotografen in der Partyszene. Davon spricht man nicht, ausser ein Club-Betreiber an der Bahnhofstrasse hat sich bei der Ausweiskontrolle vergriffen.

Wer mehr auf klassische Bildung setzt, soll sich das Buch „Der Maler und sein Modell“ von Hans Habe (Heyne 1977, war Bestseller) auf den Nachttisch legen. Die Nackte Maja ist selbst in der Ausgabe als Taschenbuch seitenfüllend abgebildet. Dann blättert man in DAS MAGAZIN nochmals zurück und entdeckt aus dem Archiv von Walter PfeifferLady Shiva“, die selbst Franz Gertsch inspirierte. Somit schliesst sich der Kreis.

Immerhin findet  in der Politik ein Umdenken statt. Nationalrat Luc Barthassat (CVP) fordert ein Verbot der Prostitution von Minderjährigen. Die Situation in der Schweiz und insbesondere in Zürich ist längst untragbar. In Zürich hat sich eine Pornoindustrie etabliert, die schamlos Teenager für „Castings“ missbraucht. „Die machen das freiwillig“, wird Marija Jurcevic von einer privaten Beratungsstelle in St. Gallen zitiert.  Frau Jurcevic, schauen Sie sich die „Sexarbeiterinnen“ und „Models“  am Silhquai an, nur eine halbe Stunde, das genügt.

Kurt-Emil Merki rollt nochmals eines der unappetitlichsten Ereignisse der jüngeren Pressegeschichte in der Schweiz auf. 2009 übernahm die DDP die AP Schweiz und trat sie anfangs 2010 an die SDA ab. Der Deal ging weitgehend unter Verlegern durch die Trägerschaft. Redaktionen und schon gar nicht Mitarbeiter/innen wurden eingeweiht. Im Gegensatz zu Deutschland kennt man in der Schweiz auch keine gewerkschaftliche Mitbestimmung.

Merki beziffert die Abgeltung der SDA an die DDP auf etwa 12 Millionen, was von Bernard Maissen, Chefredaktor der SDA bestritten wird.  Die nach Maissen „richtigen Zahlen“ werden aus verständlichen Gründen nicht bekannt gegeben. Rechtlich ist die SDA ein bizarres Gebilde, zwischen öffentlich-rechtlicher Institution mit Leistungsauftrag (wie die SRG) und privater AG. Nun haben wir so etwas wie eine TASS, und leider kein Radio Eriwan.

Die NZZ am Sonntag tut sich schwer mit Bildnachweisen. Topstory im Unterhaltungsteil ist ein Interview von Gerhard Mack mit Christoph Blocher über seine  geliebte Sammlung an Bildern von Albert Anker. Kritische Fragen zu Anker waren ebensowenig gestattet, wie in der bevorstehenden Auseinandersetzung mit dem Werk des Künstlers im Kunstmuseum Bern. Immerhin ist im Briefmarkenformat eines unter vielen Bildern von Anker mit füdliblutten Kindern abgebildet.

Die Suche nach dem Fotografen, der Blocher im Gegenlicht in Herrliberg Richtung See mit dem Mädchen mit dem Brot aufgenommen hat, bedarf die Erfahrung eines Bild-Detektivs. Tatsächlich stösst man beim Teaser auf der Frontpage der NZZ am Sonntag auf den Namen von Kilian Kessler. Er selbst müsste sich nicht verstecken. Das Porträt von Kessler ist weit besser als die damalige Auftragsarbeit von Michel Comte von der andern Seite der Limmat.

Paul Imhof, für den Tages-Anzeiger für Gastronomie, Food und Weine zuständig, hat sich unter die Kulturjournalisten verirrt. In der Ausgabe vom Samstag, dem 24. April 2010 rezensiert er den Bildband Where is Japan von Andri Pol. „Wir haben Vorstellungen von Japan, die sogar die Japaner von ihrem Land haben“, zitiert Imhof Andri Pol. Da muss man zweimal nachdenken. Pol, (nach 20 Jahren Japan-Erfahrung) :“ist mir vieles nähergekommen, aber letztlich fremd geblieben.“ Am Bild der zu frisierenden Sumo-Ringer stimmt etwas nicht. Entweder ist es falsch beschnitten oder einfach nicht sehr gut.

Zum Schluss: Müller Monica und Wyss Thomas haben im Tages-Anzeiger (24. April, Seite 32) witzig unsere Sumo-Ringer, die alpenländischen Schwinger, auf ihren „Panini-Bildchen“ begutachtet. Erhältlich sind Album und Bildli bei www.sammelkoenig.ch.

Und schon wieder ein Panini-Bild unserer Landesregierung, Doris Leuthard in ihrer Hauspostille sonntag.ch. Chris Iseli, wie oft musste sie IHR Lächeln aufsetzten? Kann man keine Bemerkung zu ihrem „Tenü“ fallen lassen? Hoffe, Ihr hattet Spass am Leuchtpult in Baden, nachdem der selbsternannte Fundamental-Islamist aus dem Haus war.

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