Von jeher bestand der Wunsch der Menschen, von einem bestimmten Schriftstück eine Kopie zu bekommen. Bevor es dazu mechanische und chemische Verfahren gab, hat man den Text mühsam in einer «Abschrift» festgehalten. Mit dem Aufkommen der Schreibmaschine konnte man sich eines «Durchschlagpapiers» bedienen, um auf einem zweiten, miteingelegten Blatt gleich eine Kopie zur Ablage zu bekommen. Das erste eigentliche Kopierverfahren geht auf den Erfinder der Dampfmaschine James Watt und das Jahr 1780 zurück und beruhte auf einer speziellen Tinte, die nachträglich befeuchtet werden konnte, um mit Hilfe einer Kopierpresse den Text auf ein zweites Blatt zu übertragen. Dass diese geniale Idee in den nächsten 200 Jahren mit unzähligen Verfahren weiterentwickelt wurde, war naheliegend – und heute ist die Fotokopie, dazu noch in Fotoqualität – für uns alle eine Selbstverständlichkeit.
Diese unzähligen Fotokopier-Verfahren, die es im Laufe der Jahrzehnte weltweit gab, hat Klaus Urbons nicht nur in dem vorliegenden Buch zusammengetragen, sondern er hat auch gleich ein Museum dazu geschaffen, das in Mülheim an der Ruhr besichtigt werden kann – das wahrscheinlich einzige in dieser Art mindestens in Europa.
Die Verfahren beruhten auf optischen – deshalb die Bezeichnung «Fotokopie» – auf mechanischen und auf chemischen Verfahren, die vor allem in den 1950er Jahren eine enorme Entwicklung verzeichnen konnten. Kaum eine Firma, die sich nicht mit neuen oder verbesserten Ideen ein Stück von den Kopierkuchen abschneiden wollte, nachdem die Nachfrage nach Kopien in dem sich schnell rationalisierenden Bürowesen exponentiell anstieg. Grosse Namen, wie Agfa, Gevaert, Canon, Minolta, 3M, Xerox und viele andere mehr stiegen in das Geschäft ein, und das Kopieren wurde immer einfacher, schneller, billiger – und dazu noch farbig.
Es gibt kaum Bücher, welche diese interessante Geschichte so umfassend darstellen, wie das Vorliegende. Klaus Urbons hat in jahrzehntelanger akribischer Arbeit und mit Hilfe von vielen geschenkten Dokumenten aus aufgelösten Archiven eine einzigartige Sammlung zusammengetragen, und so die Geschichte eines interessanten Technologiebereiches aufgezeichnet. Dabei tauchen eine Fülle von einst gehörten Namen auf, wie Copyrapid, Luxacopy, Oxalid, Electrofax, Polyfax und viele mehr, die nicht nur ausführlich und mit ihrem historischen Hintergrund beschrieben werden, sondern zu denen es interessante Dokumente gibt, wie die damaligen Inserate, Prospektseiten, Werbebriefe oder Anleitungen. So ist das Buch zu einer reichhaltigen und spannenden Sammlung von Dokumenten geworden, die damals kaum aufgehoben wurden und deshalb äusserst rar geworden sind.
«Von der analogen Kopie zum digitalen Workflow» dokumentiert eine spannende Entwicklungsgeschichte, die in dieser Form und Vollständigkeit wohl kaum anderswo zu finden ist. Sie erzählt neben dem Erfolgsgeschichten auch die unzähligen Umwege und Irrwege, alle mit den einen Ziel – vom Original eine möglichst gleichwertige Kopie zu erhalten. Klaus Urbons hat hier viel Wissen mit grosser Akribie zusammengetragen.
Falls Sie an dem Buch interessiert sind – man kann es nicht kaufen, sondern nur gegen Objekte aus diesem Fachbereich tauschen oder gegen eine Spende erwerben, die dem vom Autor geleiteten «Museum für Fotokopie» in Mülheim an der Ruhr zugutekommt. Das Buch dürfte einmal rar werden, weil davon nur 200 Exemplare gedruckt wurden
Urs Tillmanns
Buchbeschreibung des Verlages
Bei der Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit mit der wir heute alle Arten von Informationen erfassen, gestalten und verteilen, werden wir uns wohl nur selten die Frage stellen, wie dies zuvor realisiert wurde und wann und wie überhaupt diese neue digitale Zeit begann. Auf eine derart vielschichtige Fragestellung könnten die Antworten viele dicke Bücher füllen, denn natürlich betrifft die Veränderung durch digitale Techniken die gesamte Gesellschaft. Einem der ursprünglichen Auslöser ist dieses Buch gewidmet, denn es lässt sich feststellen, dass die Einführung moderner Techniken der Bürokopie über einen Zeitraum von rund 60 Jahren technischer Fortschritte, gemeinsam mit der Evolution der Computer zu dem führte, was wir heute als «digitalen Workflow» bezeichnen. Dass das Rheinland und Westfalen – in Deutschland und in der Welt – eine zentrale Rolle bei dieser Entwicklung spielten, dürfte für viele Menschen eine Überraschung sein.
Das Buch beschreibt die lokale und globale Entwicklungsgeschichte der Fotokopie und geht auch auf die künstlerische Nutzung von Kopierern und Faxgeräten ein. Es ist das Resümee der gleichnamigen Ausstellung (2017/18) im Makroscope e.V., dem Zentrum für Kunst und Technik in Mülheim an der Ruhr. Gezeigt wurden Werke von Joseph Beuys, Dore O., Ueli Fuchser, Kaii Higashiyama, Sarah Jackson, Ingrid Lievenbrück, Werner Nekes, Lieve Prins, Sonia Sheridan, Jean-François Robic, und Andy Warhol.
Der Inhalt
Roland Henß-Dewald: «Echtzeit-Kunst» (Essay, 1989) / Vorwort
Parallelen / Von der analogen Kopie zum digitalen Workflow / Useum – Stationen des Museums für Fotokopie / Perlen der Medienkunst / Zeitzeugen
Kopiergeräte-Hersteller und -Händler im Rheinland:
3M, Neuss / Georg Lang: Ein Leben mit 3M / Agfa-Gevaert, Leverkusen & Mortsel/Antwerpen / Canon, Krefeld / Fotoclark, Meckenheim/Bonn / Fotokopist, Essen-Werden / Luxacopy, Wuppertal / Meteor-Siegen, Siegen / Oce-van der Grinten, Mülheim an der Ruhr / Renker-Belipa, Düren/Berlin / Toshiba, Neuss / Xerox, Neuss
Weitere Firmen: Alos, ORE und Ravenna, Köln
Der Fachhändler Plankopie in Köln
Die Druckerei Heimbuch in Mülheim an der Ruhr
Curriculum des Verfassers
Der Autor
Klaus Urbons (Göhren auf Rügen, 1952) studierte nach der Lehre als Schriftsetzer visuelle Kommunikation und Kunstgeschichte an der Fachhochschule Düsseldorf. Er war 1976 Mitbegründer der ersten Produzentengalerie und Artothek in Mülheim an der Ruhr «Atelier i.d. Altstadt» aus der zwei weitere Produzentengalerien hervorgingen, das «Panoptikum» (1978-80) und das «Holoskop» (1980-84). Seit 1980 ist er freiberuflich tätig als Autor, Grafiker, Kurator und Künstler und gründete 1985 das Museum für Fotokopie in Mülheim an der Ruhr als internationales Forum für Technik und Kunst der Fotokopie. Dieses beherbergt eine einmalige Sammlung zur Technikgeschichte der modernen Fotokopie. Ein Interview zur Forschungsarbeit und über das Buch von Klaus Urbons finden Sie auf YouTube.
Bibliografie
Klaus Urbons «Von der analogen Kopie zum digitalen Workflow»
264 Seiten, gebunden, Hardcover
Format 173 x 245 mm
Sprache: Deutsch
Auflage: 200 Exemplare
Verlag: Edition Makroscope
ISBN 978-3-00-065465-7
Preis: nur gegen Objekttausch oder Spende an das «Museum für Fotokopie» in Mülheim an der Ruhr. Nehmen Sie mit dem Autor Kontakt auf:
Klaus Urbons
D-45479 Mülheim an der Ruhr
Tel. 0049 208 760 282, Mobil 0049 1590 1961500
Buchtipp: Edith Weyde
Vom gleichen Autor ist 2016 ein Buch über Edith Weyde (1901-1989) erschienen, die als Chemikerin bei Agfa und Erfinderin des ersten Fotokopierverfahrens «Agfa Copyrapid» bereits in den 1940er-Jahren mit der Silbersalzdiffusion und ersten «Minutenbildern» experimentierte. Das Buch schildert das Leben und Wirken von Edith Weyde und ist reichhaltig bebildert mit unikaten Schriftdokumenten und Fotos. Das Buch ist zweisprachig Deutsch/Englisch verfasst und kostet 24,80 Euro zuzüglich Porto und Verpackung.
„Von jeher bestand der Wunsch der Menschen, von einem bestimmten Schriftstück eine Kopie zu bekommen.“ und etwas später: „Das Buch dürfte einmal rar werden, weil davon nur 200 Exemplare gedruckt wurden.“ Meine Erwartung: Diese Auflage wird genügen. Der Buchautor schwelgt in der analogen Vergangenheit (und das offenbar sehr profund), doch ist das aktuelle Problem, dass jedes beliebige Handy jedes Bild sofort im Überallnetz zugänglich machen kann. Nicht die Kopie ist heute das Problem, sondern die Publikation: Iphones können Insta. Der desolate digitale „Workflow“ der Systemkameras aus Canikon straft der DSLR-DSLM-Markt mit stagnierenden bis kollabierenden Marktanteilen ab. Weshalb lernt die Kameraindustrie strategisch nicht dazu? An der Auflage von 200 Exemplaren des Buches liegt es nicht.
Beim Lesen dieser Buchbesprechung kommt etwas Wehmut auf. Habe ich doch früher am Repromaster (so nannte Agfa ihre Reprokameras) unzählige Rasteraufnahmen, Vegrösserungen und Umsetzungen mit «Copyrapid» Materialien gemacht. Für diese Zeit schnell und mit guten Resultaten. Positiver Nebeneffekt: jede dieser Arbeiten konnte dem Kunden verrechnet werden. Das war eine Zeit wo Handwerk noch «goldenen Boden» hatte.
@Zimmer : Da wird heute aber viel verklärt. Ich habe es damals kaum mitbekommen, die Arbeit als „Handwerk“ aufzufassen. Aktuelle Technik galt immer als modern & Fortschritt war gefragt.
Von der Repro, Fotografie, bis Druck usw