Am 28. und 29. Januar 2015 fand im Kongresszentrum der Koelnmesse das alljährliche Business Forum Imaging statt, an dem Vertreter der Industrie, des Handels und der Analyse die gegenwärtige Situation der Imagingbranche und mögliche Zukunftsperspektiven diskutierten. Im Vordergrund standen Themen des Fotohandels und des Bildergeschäfts, sowie die technische Entwicklung mit 4K-Video und neuen Apps.
In seiner Einleitung wies Thomas Blömer vom CAT-Verlag, der das Business Forum Imaging zusammen mit Don Franz (Photo Imaging News) und unter dem Patronat der Photokina veranstaltet, auf die veränderten Marktbedingungen des Fotohandels hin. Diese seien einerseits durch den Rückgang der Kameraverkäufe, insbesondere im unteren Preissegment, sowie die immer besseren Fotofunktionen der Smartphones bedingt, andererseits aber auch durch die zunehmende Konkurrenz des E-Commerce, welcher mit ganz anderen Marken als der traditionelle Fotohandel leben könne. Heute sei die Fotografie so populär wie nie zuvor, und es gelte in diesem Trend die Chancen für den Fotohandel zu erkennen. Diese auszuloten sei Ziel dieser Veranstaltung.
4K-Video: Bewegte Emotionen liegen im Trend
Der Einstieg galt jedoch zunächst einem anderen, aktuelleren Thema, nämlich den Trend zu 4K-Video. Die grösseren Chips und die schnelleren Auslesealgorithmen haben zu einer neuen Qualitätsklasse für Videoproduktionen geführt, was für die Fotografen die neue Herausforderung der bewegten Bildaufzeichnung bringe. Das amerikanische Fotografenehepaar Charles und Jennifer Maring von «Maring Visuals» führte die Qualität von 4K-Video in einer beeindruckenden Präsentation vor. Sie sind auf Premium-Hochzeitsreportagen spezialisiert und folgen dem Trend, dass die Kunden heute begleitend zu den Fotografien und Alben vermehrt eine Videoproduktion ihres schönsten Tages wünschen. Die Marings sind dabei ständig auf der Suche nach noch besserer Gerätschaft. Zur Zeit arbeiten sie vorwiegend mit Lumix GH4 und Canon C100, doch verstecken sie auch einige Go-Pros in der Szenerie, welche die Events unbemerkt mitfilmen. Dabei werden auch laufend neue Technologien in Betracht gezogen, wie derzeit die Lichtfeldfotografie.
Ebenfalls um 4K-Video drehte sich das Referat von Marcel Gonska, Geschäftsführer von White Light Consultations (WLC) , dessen Unternehmen auf die Beratung der AV-Industrie, der Herstellerfirmen und Handelsunternehmen spezialisiert ist. Die bessere technische Qualität von 4K setze auch ein professionelleres Arbeiten voraus, eine exaktere Planung des Drehs und die Einhaltung gewisser Regeln der Kameraführung. 4K sei nicht nur eine höhere Auflösung, sondern auch ein Gewinn an Farbraum mit besseren Möglichkeiten der Farbkorrektur und Bearbeitungsmöglichkeiten. Diese Technologie zu meistern, sei auch eine neue Herausforderung für Bilddienstleister und Fotohändler, um neue virtuelle und physische Bildprodukte in 4K Ultra HD anbieten zu können.
Der Fotohandel steht vor neuen Herausforderungen
Die aktuellsten Marktzahlen der Geräteverkäufe und die Erhebungen des Konsumentenverhaltens präsentierte Frank Franz von GfK Retail and Technology. Er verdeutlichte, wie sich der Markt in den letzten Jahren verändert hat: Einerseits wird mehr fotografiert – es werden täglich weltweilt etwa 1,8 Milliarden Bilder geschossen – andererseits werden weniger Kameras verkauft. Dieses Paradox sei in erster Linie auf die starke Verbreitung der populären Smartphones zurückzuführen, aber auch auf andere Faktoren, wie die längere Nutzung der Kameras. Es werde weniger oft in neue Kameras investiert, und eine Kamera sei heute Durchschnittlich 5,4 Jahre in Gebrauch, obwohl ihr theoretischer Lebenszyklus sehr viel kürzer sei. Dennoch dürfe man die Anzahl der Neukäufer nicht unterschätzen; im letzten Jahr waren das in Deutschland immerhin eine Million Leute, die erstmals eine Kamera kauften. Für das laufende Jahr sei mit einem weiteren Rückgang von Kompaktkameras um etwa 23% zu erwarten, während bei den Kompaktsystemkameras ein leichtes Wachstum und bei den Spiegelreflexmodellen eine Stagnation zu erwarten sei. Abgesehen davon seien die Actioncams weiterhin die Gewinner, während traditionelle Camcorder dem Abwärtstrend folgen würden.
Michael Shamiyeh, Professor und Leiter des Design Organization Media (DOM) Research Lab in Linz erklärte in seinem Vortrag «Wer sich nicht bewegt, verliert: disruptive Innovationen» was disruptive Innovationen sind, warum immer wieder Firmen, besonders die Marktführer, daran scheitern und wie Unternehmen auf durchgreifende Veränderungen richtig reagieren können. Mit disruptiver (revolutionärer) Innovation ist eine grundlegende Verbesserung von Produkten mit einer neuen Technologie gemeint, welche das Markt- oder Nutzungsverhalten verändert, im Gegensatz zur inkrementellen (evolutionären) Innovation, bei welcher eine bestehende Technologie oder ein existierendes Produkt verbessert (effizienter produziert oder günstiger) wird. Michael Shamiyeh führte verschiedene Beispiele disruptiver Innovationen an, darunter auch die Digitalkamera, welche den Fotomarkt und das Konsumentenverhalten komplett verändert hat. Ob beim Smartphone schon bald eine solche bevorsteht?
Marion Knoche, (früher bei GfK) Präsidentin der Gi & Pa AG, vertiefte die Thematik der disruptiven Innovationen für den Imaging-Bereich. Durch die Einführung der Digitalkamera habe die analoge Kamera in sechs Jahren 83% ihres Marktes (2000 = 71 Mio. Stück, 2006 = 12 Mio. Stück) verloren, während 2010 weltweit 141 Mio. Digitalkameras verkauft wurden. Eine deutliche Veränderung des Konsumentenverhalten manifestiere sich auch darin, dass mit der Verbreitung der digitalen Technologie die Nachfrage nach Prints drastisch zurückging, mit dem Trend, dass heute mit den Bildern Fotobücher gestaltet würden. Auf Grund der disruptiven Innovation der Digitalkamera habe es Verlierer gegeben, Beispiel: Kodak und Polaroid, doch hätten die meisten Player die Herausforderung positiv genutzt, es hätte sogar neue gegeben, zum Beispiel Go-Pro.
Sind einzig die Smartphones am Rückgang der Kameraumsätze schuld? Eine interessante Studie hierzu gibt es von Heino Hilbig bei mayflower-concepts.com http://www.mayflower-concepts.com/de/marketing-blog
Ulrich Eggert von Ulrich Eggert Consulting, Köln, hat mit seinem lebendigen Vortrag «Alles Internet oder was? Wie kommt der Fotohandel in Bewegung?» auf die dramatischen Veränderungen und Verschiebungen von Marktanteilen des Einzelhandels unter dem Einfluss des E-Commerce hingewiesen. Die Digitalisierung gelte als die vierte industrielle Revolution (nach Mechanisierung, Fliessband und Computertechnologie) und habe neue Vertriebsformen generiert, vor allem den Direktvertrieb. Eggert stellt die Frage in den Raum, ob der klassische Ladenhandel vor der Selbstauflösung stehe, weil mehr Dienstleitungen als Konsumgüter verlangt würden, weil Produkte nur noch genutzt werden ohne diese besitzen zu wollen, und weil die Bestellung im Internet (vor allem für junge Konsumenten) bequemer sei? Der Einzelhandel hätte –ohne selbst online zu gehen – diesen Trends wenig entgegenzustellen. Noch käme dazu, dass man künftig ein gewünschtes Produkt selbst im 3D-Drucker produzieren könne und damit nicht einmal mehr auf eine industrielle Fertigung angewiesen sei.
Christian Rößler von Serviceplan www.serviceplan.com, München, stellte in seinem Referat «Shopping 2020: virtuelle und reale Einkaufswelten verknüpfen» ein neues Rollenverständnis für den stationären Handel vor und zeigte Beispiele, wie Internethandel und Angebote im Geschäft vor Ort intelligent kombiniert werden können. Denn Omni-Channel heisse, digitale Technologien und die individuelle Konsumentenansprache strategisch zu verbinden, um ein Einkaufserlebnis zu gestalten, das die Kunden begeistert.
Stephan Stein zeigte in seiner Casestory, wie die Japan Photo Holding Norway AS, eine der grössten Fotofachhandelsketten in Norwegen und Schweden, den Umsatz von 40 Millionen Euro im Jahre 2009 bis 2014 auf 52 Millionen Euro steigern konnte – trotz Wegbrechen der Kompaktkameras und der Smartphone-Revolution. Dabei hat Japan Photo in den 26 Shops die Ladenfläche verdoppelt. Zum Ziel hätten verschiedene Marketingmassnahmen geführt, wie neues Laden-Layoute, gezielte Werbung mit segmentierten Newsletter, mobiler Webshop, Grosslaborfotoarbeiten über App, Express-Fotoarbeiten und Rahmen, Service und Reparatur von Mobiltelefonen – jede Handyreparatur bekommt 10 Bildergutscheine – bis hin zum «Babyparking» in den Geschäften. Zudem konzentriere sich Japan Photo auch auf für den Fotohandel (noch) unübliche Produkte, wie Lomo/Holga-Kameras, ein neues Rahmensortiment, Studioblitzausrüstungen, Lee Filter sowie Drohnen und Quadrokopter. Diese sind – zu Lasten der rückläufigen Kameras – auch auf einer grösseren Ladenfläche präsent. Hardware wird grundsätzlich nur noch über den Terminal bestellt und kann am nächsten Tag am Verkaufspunkt abgeholt werden.
Das Bildergeschäft bricht (weiter) ein – was tun?
Abgesehen von den Kameraumsätzen sieht sich der Fotohandel seit der Digitalrevolution mit dem neuen Konsumentenverhalten konfrontiert, dass kaum noch Bilder bestellt werden. Zwar sind dafür die Fotobücher in Mode gekommen, doch läuft dieses Geschäft zu einem grossen Teil über E-Commerce.
An einer Podiumsdiskussion mit (im Bild v.l.n.r.) Ulrich Eggert (Moderation), Rainer Schorcht (Ringfoto), Christian Rößler (Serviceplan) und Klaus Bothe (Europafoto) wurden dazu verschiedene Ideen und Konzepte diskutiert – aber wenig scheint auch wirklich umsetzbar.
James Soames, Chief Marketing Officer, von Kodak Alaris zeigte in seinem Referat «Future Image: Die Bilder des 21. Jahrhunderts» auf, wie die digitale Fotografie den Bezug zu Bildern verändert hat. Innovative Technologien veränderten nicht nur di Art der Fotografie, sondern auch den Umgang mit Bildern. Smartphones, soziale Netzwerke und neuartige Kameras, die nicht mehr in die Hand genommen werden müssen, würden neben einer Flut von Bildern auch neue Arten von Bildern hervor. Dennoch käme den persönlichen Bildern dabei seit Jahrzehnten die gleiche Bedeutung zu: Sie halten Erinnerungen fest und erzählen ganz persönliche Geschichten. Kodak Alaris entwickle neue Möglichkeiten, damit die wichtigsten Bilder und persönlichen Geschichten in Erinnerungsstücken verewigt werden können. Dazu gehöre auch die Entwicklung verschiedener Apps, die teilweise bereits bestünden, sowie das neue Online-Shopping-System «Kodak Marketplace», mit dem direkt am Picture Kiosk personifizierte Fotoprodukte bestellt werden können.
Anthony Pieters, Business Manager Photo Imaging Products, Fujifilm Europe B.V., sieht auch für dieses und das nächste Jahr eine Zunahme des Bildergeschäfts im Bereich der Smartphones. Fujifilm fokussiere das Angebot vor allem auf den Fotobuch-Markt und werde dazu laufend neue Produkte entwickeln. Zur Zeit werde eine neue Fotobuch-Linie «My Photo Diary» gepusht, die als Anwendung der Image Organizer Software für den Konsumenten einfach in der Abwicklung sei und sich qualitativ – auf echten Silberhalogenid-Fotopapier produziert – von vergleichbaren Produkten abheben würde. Der Clou: Die Software sucht sich die besten Bilder aus und präsentiert daraus den Gestaltungsvorschlag für ein Fotobuch. Weiter würde demnächst das neue Betrachtungsgerät EA-1T/EA-32G vorgestellt, auf welchem kabellos Bilder des Smartphones nicht nur angesehen sondern auch direkt als Fotoprodukte bestellt werden können. Er veranschaulichte danach die Qualitätsunterschiede von Inkjet-, Laser- und Silberhalogenid-Materialien und betonte, dass echtes Fotopapier immer noch die beste Alternative sei.
Rainer Bauer, CEO der Imaging Solutions AG, Regensdorf, vertrat die Meinung, dass Premium Qualität den Markt für Bildprodukte besser stimulieren würde als Rabatte und Billigangebote. Dabei sei es heute einfacher denn je, echte Premium Produkte auch in der Auflage «Eins» herzustellen. Es sei die Chance für Print-Dienstleister, neue Produktsegmente zu erschliessen und damit neue Verbraucher zu gewinnen. Rainer Bauer ging danach auf die jüngste Entwicklung aus seinem Hause ein, die vollautomatische Buchbindemaschine «fastBook10CF» für die effiziente und hochwertige LayFlat-Fotobuch-Produktion. Als kostengünstiges Stand-alone-Gerät würde es vier Arbeitsschritte in einem erledigen: sie zieht die einzelnen Bögen automatisch ein, rillt und falzt diese. Anschliessend beleimt die fastBook10CF das Papier mit purePhoto Strong Hotmelt-Kleber. Durch die Hotmelt-Verleimung könne auf teure Klebefolien verzichtet werden, was wiederum Produktionskosten spare. (Foto: Imaging Solutions)
Zoltàn Diószeghy, CEO von HPIX KFD., Budaörs, Ungarn hat für das «Bildergeschäft ohne Grenzen» eine Cloud-Lösung für Fotohändler präsentiert, die in seinem Land bereits eine beachtliche Verbreitung gefunden hätte. Die Creative Photo Cloud HPIX ermöglicht es dem Fotohandel den Kunden eine praktisch unbegrenzte Zahl von personalisierten Bildprodukten anzubieten – im Internet über PCs oder mobile Geräte und natürlich am Verkaufspunkt selbst. Dabei stellt die Lösung, die in Ungarn den Eurocloud Award 2014 gewonnen hat, die eigene Marke des Händlers in den Vordergrund. Da alle Produkte und Funktionen in der Cloud angesiedelt sind, ist es besonders einfach, neue Angebote oder Werbeaktionen schnell umzusetzen und weitere Inhalte, z.B. professionelle oder private Fotos, hinzuzufügen und diese öffentlich, einer definierten Gruppe oder Einzelnen zugänglich zu machen. Mit einem umfassenden Geschäftsmodell soll die Creative Photo Cloud ähnlich wie ein Franchise-System zum Herzstück eines Netzwerks von Foto-Dienstleistern werden.
Zum Schluss ein anderes Thema, nämlich Foto-Apps. Hans Hartman, Präsident von Suite 48 Analytics hat eine Reihe interessanter Apps durch die entsprechenden Entwickler präsentieren lassen. Dabei hatten sich einige bekannte eingeschlichen, wie beispielsweise «Kodak Alaris» oder «Snapfish», andere jedoch waren, verblüffend, originell der mehr oder weniger nützlich. Für App-Fans lohnt es sich, die folgenden Highlights einmal genauer unter die Lupe zu nehmen: «CleverCards», «Looksery», «SoSocio», «Taopix», «Triggertrap» und «Venticake».
Damit gehört das Business Forum Imaging 2015 wieder der Vergangenheit an. Es war auch dieses Mal wieder mit interessanten Referaten zu Branchenthemen befrachtet und einmal mehr bot sich die Gelegenheit persönliche Kontakte zu knüpfen und neue und alte Branchenvertreter zu treffen. Wahrscheinlich wird es auch nächstes Jahr wieder ein Business Forum Imaging geben. Die Details werden zeitpassend auf www.bfi-photokina.de/ publizert.
Text und Fotos: Urs Tillmanns