Urs Tillmanns, 25. Januar 2015, 10:26 Uhr

Digitalkameras der Zukunft: Was können wir erwarten?  

Zukunftskamera mit Fragezeichen_250In letzter Zeit sind klammheimlich Verbesserungen in Digitalkameras eingeflossen, die an sich kaum spektakulär waren, die jedoch in ihrer Gesamtheit interessante Zukunftsperspektiven ergeben. Was können wir von den Digitalkameras der Zukunft erwarten?

 

Fotografieren oder filmen? Einzel- oder Serienbilder? Diese Entscheidung wird schon sehr bald kein Bildermacher mehr treffen müssen. Zukünftige Kameras werden so hochauflösend filmen, dass sich aus den Videosequenzen hochauflösende Einzelbilder extrahieren lassen und sie werden so schnelle Bildfolgen bieten, dass sich daraus Videosequenzen in einer Qualität von mindestens 4K herstellen lassen. Science Fiction? Nein, die Technik dafür ist bereits vorhanden und erste Produktbeispiele sind schon im Handel!

Dass Fotokameras filmen und Camcorder fotografieren können, ist nicht neu. Doch dass sich beide in der jeweils sekundären Funktion für qualitativ nahezu gleichwertige Ergebnisse nutzen lassen, ist noch relativ neu. Der nächste Schritt ist, dass sich beide Funktionen in einem Gerät zur gegenseitigen Optimierung verwenden lassen. Schon heute werden im Sprachgebrauch Fotoapparate und Camcorder von den meisten als «Kameras» bezeichnet. Ein Hinweis darauf, dass diese beiden Kategorien mehr und mehr verschmelzen – zum Vorteil aller, vor allem aller Verbraucher.

 

«Always on»

Zukünftige Bildaufzeichnungssysteme werden sogar noch deutlich weiter gehen. Ein Zauberwort dieser schönen neuen Bilderwelt heisst «Always on»: Moderne Kameras zeichnen automatisch jeden Schritt ihrer Träger auf. Wohin dieser seinen Blick auch wendet, die Kamera wird das wahrgenommene Geschehen in perfekten Bildern festhalten. Dabei wird es kaum mehr eine Rolle spielen, ob sich der Anwender am Ende ein Foto oder eine Filmsequenz wünscht. Beides steht gleichzeitig zur Verfügung. Und das Unglaubliche daran: Sogar der Schnitt des Films und die Auswahl des optimalen Fotos erfolgt über die Kameraautomatik. Die ersten Vorläufer dieser Technologien sind in vielen Kameras jüngeren Datums längst vorhanden. Sie wurden jedoch nicht in aller Konsequenz weiter ausgebaut und auch von den Anwendern überraschenderweise kaum wahrgenommen.

 

Best Moment Capture, Smart Photo Selector, Bewegter Schnappschuss, Multi-Shot-Techniken

Nikon1 S2 mit 11-27.5mm weissAls einer der ersten Kamerahersteller hatte Nikon schon in seinen spiegellosen Nikon 1 Systemkameras mit den Funktionen «Best Moment Capture» und «Smart Photo Selector» oder «Bewegter Schnappschuss» schnelle Bildfolgen beziehungsweise Video und Einzelbilder miteinander kombiniert. Andere Hersteller wie Fujifilm und Sony haben durch das Verschmelzen unterschiedlich belichteter Fotos perfekt belichtete Bilder von Motiven mit ungünstiger Beleuchtung erstellt.

Sony DSC-W630 - Schwenk-Panorama horizontal

Ein anderes Beispiel sind die Schwenk-Panorama-Funktionen von Sony und Fujifilm, bei der die Kamera automatisch bei einem Kameraschwenk in Serie aufgenommene Einzelbilder zu einem Panoramabild verknüpft. Diese frühen Multi-Shot-Techniken finden nun, durch die Einführung von Sensoren, die noch reaktionsschneller sind, und Prozessoren, die noch leistungsstärker sind, ihre Fortsetzung.

Lumix GH4 Ein erstes Beispiel dafür, wie sich hochwertige Einzelbilder aus Filmen separieren lassen, ist die 4K Photo Funktion von Panasonic. Der Nachteil dieser schnellen Serienbilder liegt darin, dass diese so erzeugte Bildermenge auch gesichtet werden muss, um später das beste Bild herauszufiltern. Doch dies soll schon in naher Zukunft eine in der Kamera integrierte Software übernehmen, deren spezieller Algorithmus automatisch das optimale Foto herausfiltert.

 

Fehlende Motivdetails ergänzen

Einen Schritt weiter gehen Experimente mit Bildern von Baudenkmälern, öffentlichen Gebäuden, Plätzen oder sonstigen Motiven, die etwa wegen eines ungünstigen Aufnahmezeitpunkts nicht komplett erfasst werden konnten oder von denen Teile im Moment des Fotografierens verdeckt wurden. Diese fehlenden Motivdetails wurden dann aus anderen Bildern im Internet von den gleichen Objekten herausgelöst, um so die vorhandene, unvollständige Aufnahme zu komplettieren.

 

Lernfähige Algorithmen übernehmen automatisch die Verwaltung der Bilder

Die Angst in der überwogenden Bilderflut einmal zu ertrinken, ist nach Aussage der Expertenaus der Bildverwaltung auch nicht zu befürchten. Ebenso wenig ernst zu nehmen ist zukünftig die Befürchtung, unsere Fotos und Filme würden auf alle Ewigkeit in den unendlichen Tiefen der Festplatten oder anderen Speichermedien verschwinden. Neue lernfähige Algorithmen werden automatisch die Verwaltung der Bilder über- und uns abnehmen. Sie werden Inhalte der Fotos und Videos automatisch analysieren und sie für eine Schnellsuche sogar automatisch mit Bildunterschriften und Schlagworten versehen. Zum Wiederfinden genügt die Sprachaufforderung «Finde Eiffelturm» und schon wird unser Gerät alle in ihm gespeicherten Aufnahmen vom Eiffelturm anzeigen.

 

Neue Sensortechniken stehen für noch schnellere Bildfolgen

Auch neue Sensortechniken werden dazu beitragen, dass schnelle Bildfolgen dazu verwendet werden können, bessere Bildergebnisse für Fotos und Filme zu erzielen. Beweglich gelagerte Sensoren werden schon heute dazu genutzt, die Auflösung bei Aufnahmen von statischen Objekten durch Sensorverschiebung zu erhöhen. Vorgemacht haben es Hasselblad und PhaseOne. Weitere Nutzungsmöglichkeiten solcher beweglicher Sensoren betreffen die Bildstabilisation, die immer perfekter wird und für jedes angesetzte Objektiv genutzt werden kann. Hinzu kommt die Möglichkeit von Tilt- und Shift-Funktionen zum Perspektive-Ausgleich oder für die Schärfendehnung nach Scheimpflug, wie sie sonst nur mit Spezialobjektiven erzielen werden können.

Neuartige Sensorstrukturen, sprich die Anordnungen und Eigenschaften von Pixeln, Farbrastern und Leiterlayouts, werden es ermöglichen, die Lichtsignale besser zu erfassen, schneller an die Bildverarbeitung weiterzugeben und dort präziser und schneller zu analysieren und auszuwerten. Die Erhöhung der Auslesegeschwindigkeit wiederum erlaubt kürzere Belichtungsabstände und somit High-Speed-Bildfolgen. Das ermöglicht es wiederum, auch Fotos von bewegten Objekten im Multi-Shot-Verfahren aufzunehmen und zu einem perfekten Bild zu kombinieren. Dabei kann der Sensor theoretisch sogar der Bewegung während der kurzen Belichtungszeit folgen und so ein gestochen scharfes Bild liefern.

Sony Stacked_CMOS-Sensor_

Grafik: Sony

Eine andere Möglichkeit der Bildoptimierung durch neue Sensortechniken sind die sogenannten Stacked-CMOS-Sensoren. Diese Sensoren, auf denen die Pixel für die Erfassung der RGB-Farbsignale in Stapelbauweise untergebracht sind, geben Farben präzise in jedem Bildpunkt wieder. Das funktioniert einfach ausgedrückt auf ähnliche Art und Weise wie bei den bekannten Foveon-Sensoren der Firma Sigma. So lassen sich Bilder mit natürlich wirkenden Farben und mit hoher Farbsättigung bei weniger Rauschen realisieren. Einen solchen Sensor mit über 20 Megapixeln hat erst kürzlich die Firma Sony vorgestellt. Es wird erwartet, dass er schon im Frühjahr 2015 in den Kameras der Smartphones des Unternehmens Einzug halten wird.

 

Kabelloser Datentransfer

Eine kabellose WiFi, NFC- oder Bluetooth-Verbindung zur Datenübertragung oder zur Steuerung der Kameras durch Notebooks, PCs, Tablets beziehungsweise Smartphones wird sich im nächsten Jahr wohl bei den Kameras der meisten Hersteller durchgesetzt haben. Neu jedoch ist der kabellose Informationsaustausch über Lichtwellen.

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Grafik: Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut, Berlin

So haben beispielsweise Wissenschaftler des Fraunhofer Instituts ein Verfahren entwickelt, bei dem Daten über LED-Lampen im Wohnzimmer ruckelfrei im Streaming-Verfahren einen ganzen Spielfilm vom Smartphone auf ein TV-Gerät übertragen können. Noch ist das Ganze im Experimentierstadium, bei dem die verbundenen Geräte in Sichtweite aufeinander ausgerichtet sein müssen und noch nicht abzusehen ist, wie sich das Verfahren mit mobilen Geräten nutzen lässt. Doch die eindeutigen Vorteile liegen auf der Hand.

Das gemeinsame Ziel aller Entwickler neuer Technologien besteht darin, die Zeit, die ein Verfahren benötigt um beispielsweise Fotos und Filme aufzuzeichnen, zu bearbeiten, zu verwalten und weiterzugeben, so kurz wie möglich zu gestalten. Erreicht ist dieses Ziel, wenn alle Prozesse in Echtzeit ablaufen. Gross ist die Lücke vom heutigen Stand der Technik zu diesem Ziel nicht mehr.

Quelle: www.prophoto-online.de

 

 

5 Kommentare zu “Digitalkameras der Zukunft: Was können wir erwarten?  ”

  1. Ich persönlich erhoffe mir, dass nicht wieder ein Pixelrennen stattfindet. Mit ISO Werten sind wir ja jetzt heute schon sehr gut bestückt (zumindest bei DSLR). Bei DSLM hoffe ich, dass da wirklich was „seriöses“ von Nikon kommt, damit ich meine Objektive dort verwenden kann. Ganz cool würde ich finden, wenn die Objektive markenübergreifend an verschiedenen Kameras voll funktionieren würden. Dies ist aber wahrscheinlich ein Wunschdenken.

  2. @A.Volmar: Ich glaube nicht, das Nikon so schnell die DSLR Linie aufgibt, spiegellos haben sie mit der Nikon 1 bewiesen, die interne Konkurrenz nicht zu gross werden zu lassen.
    Für mich ist momentan das MFT-System von Olympus und Panasonic am innovativsten: Handlichkeit, Bildqualität und Objektivauswahl sind nahezu unbegrenzt.

  3. ich denke Nikon (aber auch Camon) müssen sich sehr in acht geben. Ansonsten wird das Feld von hinten aufgerollt.
    Ich sehe auch das Fuji in Sachen Sensor massiv aufgeholt hat. Aber vom Gesamtkonzept überzeugt Sony betreffend DSLM am meisten (z.B. Bildschirm direkt i, Sucher nach dem Auslösen)

  4. Sony ist sehr innovativ, bringt immer was neues, viele Features, eigentlich genial. Auf dem Papier liesst sich das sowas von WOW. Doch wenn man mal eine solche Kamera in die Finger nimmt, merkt man, dass die Umsetzung all dieser genialen Ideen manchmal mehr als holperig ist.
    Am meisten erstaunt es mich, dass Sony viel weniger aus den eigenen Sensoren rausholt, als jene Firmen, denen Sony diese Sensoren auch verkauft. Letzten Frühling hatte ich auf einer Hochzeit einen Assistenten/secondshooter mit, dessen Sony denselben Sensor drinn hat, wie meine K3. Nun, was soll ich sagen. Aus den Pentaxrohdaten liess sich viel mehr raus holen, als aus den Sony. Besonders was Rauschen und Details in den Höhen angeht. Ausserdem macht die ganze Sonylinie nicht denselben robuten Eindruck, den ich von Pentax oder auch Nikon habe.
    Ja, ich weiss. Kann durchaus rein subjektives Empfinden sein. Aber irgendwie werde ich, trotz ernsthaften Versuchen, nicht richtig warm mit Sony.

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